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OVG Thüringen: „Reichsbürger” muss Fahreignungstest machen (Foto: Thomas Erhard/Fotolia.com)
Entzug der Fahrerlaubnis

OVG Thüringen: Führerscheinentzug bei „Reichsbürger” rechtmäßig

ESV-Redaktion Recht
24.05.2017
Ein sogenannter Reichsbürger wendete sich gegen den Entzug seiner Fahrerlaubnis. Die Behörde meinte, dass dessen Wahrnehmung der Realität gestört sei, was Zweifel an der Eignung zum Führen eines KFZ erlaube. In einem aktuellen Urteil hat das OVG Thüringen hierüber entschieden.
Der betroffene „Reichsbürger” hatte auf seinem KFZ-Kennzeichen die Reichsflagge über das Europa-Symbol geklebt. Die Fahrerlaubnisbehörde forderte ihn zunächst auf, die Flagge wieder zu entfernen oder sich neue Kennzeichen ausstellen zu lassen. Diesen Aufforderungen kam der „Reichsbürger” nicht nach. Er begründete seine Ablehnung damit, dass er die deutschen Rechtsvorschriften sowie die Legitimität der staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkenne.

Als Folge daraus untersagte ihm die Behörde den Betrieb seines KFZ. Die Bescheide, die die Behörde übersandt hatte, schickte er mit entsprechenden Vermerken zurück.

In ähnlicher Weise verfuhr der Betroffene mit Bescheiden der Bußgeldbehörde. Auch auf Verwarnungen reagierte er nur mit der Rückübersendung und entsprechenden Hinweisen auf den Briefumschlägen. Ebenso stellte er zahlreiche Strafanzeigen gegen Mitarbeiter der Behörde. Die Behörde beschlagnahmte daraufhin unter anderem die Kennzeichen und setzte das Fahrzeug außer Betrieb.

Fahrerlaubnisbehörde entzieht Fahrlaunis

Zudem ordnete die Behörde gegenüber dem „Reichsbürger” an, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. 

In einem der Schreiben des Betroffenen, erkannte die Behörde durch Aneinanderreihung von Paragrafen und Rechtsprechung eine völlig gestörte Wahrnehmung der Realität. Dessen tatsächlicher Inhalt sei kaum noch herzuleiten gewesen. Dies offenbare massive Zweifel an der Kraftfahreignung wegen einer möglichen Psychose.

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Behörde: Wer die Verkehrsregeln nicht einhält, darf auch kein Auto fahren

Die abstruse Rechtsauffassung des Betroffenen und vor allem dessen Ablehnung der deutschen Rechtsvorschriften könnten Zweifel an der Fahreignung aufkommen lassen. Vor diesem Hintergrund sei auch nicht gewährleistet, dass dieser die Verkehrsregeln einhalte, so die Behörde. 

Der betroffene „Reichsbürger” brachte jedoch kein Gutachten bei. Daraufhin wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Als Rechtsgrundlage hierfür sah die Behörde § 46 Absatz 3 in Verbindung mit § 11 Absatz 2 Satz 2 FeV und Anlage 4 zur FeV Nr. 7.6.

Ein Eilantrag des sogenannten Reichsbürgers auf Aussetzung der Vollziehung des Entzugs der Fahrerlaubnis war vor dem Verwaltungsgericht Weimar erfolgreich.

Im Wortlaut: § 46 FeV - Entziehung, Beschränkung, Auflagen
(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. (...)

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.



OVG Thüringen: Anordnung zur Vorlage des psychiatrischen Gutachtens rechtmäßig

Dem OVG Thüringen zufolge war der Entzug der Fahrerlaubnis rechtmäßig. Nach Auffassung des OVG kann die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens durch den Inhaber der Fahrerlaubnis verlangen, wenn Tatsachen bekannt werden, die unter anderem Bedenken gegen die geistige Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen.

Solche Bedenken wären nach § 46 Absatz 3 in Verbindung mit  § 11 Absatz 2 Satz 2 FeV vor allem dann gerechtfertigt, wenn Hinweise vorliegen, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 zur FeV hinweisen.


Verdacht auf geistig-schizophrene Psychose

  • Aufgrund des abstrusen Staats- und Rechtsverständnisses, verbunden mit zahlreichen sprachlichen Unstimmigkeiten und Gedankensprüngen, so das OVG weiter, können „kognitive Defizite” beim Antragsteller nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Es spreche viel für den Verdacht einer psychisch-geistig-schizophrenen Psychose nach Anlage 4 FeV Nr. 7.6.
  • Vor allem deshalb, weil der Antragsteller maßgebliche verkehrsrechtliche Regelungen für sich nicht als verbindlich betrachtet, sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass er diese Regeln in jeder Situation im Straßenverkehr einhalten wird.
Beschluss des OVG Thüringen vom 02.02. 2017 - AZ: 2 EO 887/16


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(ESV/bp)

Programmbereich: Verkehrsrecht, -wirtschaft, -technik