
Pauschbetrag für Erbfallkosten auch für den Nacherben
Die Erbfallkostenpauschale nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG steht neben dem Vorerben auch dem Nacherben zu. Der Abzug dieses Pauschbetrags setzt jedoch nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind (Änderung der Rechtsprechung) - so der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 1. Februar 2023 (II R 3/20).
Nacherbe macht Nachlasskosten gelten
Klägerin ist die Nacherbin ihrer im Jahr 2013 verstorbenen Tante. Vorerbe war deren Ehemann, der im gleichen Jahr verstorben war. Die Klägerin hatte die Beerdigungskosten ihrer Tante sowie weitere Abwicklungskosten hinsichtlich des Nachlasses getragen und gab dies im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung an, bei der sie die Berücksichtigung des Pauschbetrags gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG i.H.v. 10.300 EUR (sog. Erbfallkostenpauschale) beantragte.
Allerdings reichte sie lediglich eine Rechnung des Amtsgerichts über 40 EUR für die Erteilung des Erbscheins und die Testamentseröffnung ein. Die weiteren Beerdigungskosten blieben ohne Nachweis. Das Finanzamt berücksichtigte die Erbfallkostenpauschale nicht. Berücksichtigungsfähig seien allenfalls die nachgewiesenen 40 EUR, allerdings ergebe sich wegen der Abrundung des steuerpflichtigen Erwerbs auf volle 100 EUR keine steuerliche Auswirkung. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg. Der BFH hat sich der Entscheidung des Finanzgerichts angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Erbschaftsteuerpauschale steht Vor- und Nacherben zu - ohne Nachweis
Der BFH erkannte, dass das Finanzgericht (FG) zu Recht entschieden hat, dass die Erbschaftsteuerpauschale steuermindernd zu berücksichtigen ist. Sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe verwirklichen den Besteuerungstatbestand gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG für einen Erwerb von Todes wegen. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG bestimmt, dass für die in § 10 Abs. 5 Satz 1 ErbStG genannten Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 EUR ohne weiteren Nachweis abgezogen werden kann.Der Betrag ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren, dies gilt inbsbesondere bei mehreren Miterben (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Februar 2010, II R 31/08).
Die Konstellation von Vor- und Nacherbschaft ist jedoch abzugrenzen von der Miterbenschaft. Hier handelt es sich nicht um einen Erbfall mit mehreren Erben. Beide Vorgänge, also der Anfall der Vorerbschaft und der Anfall der Nacherbschaft sind als zwei getrennte Erbfälle zu behandeln. Aufgrund dieser Systematik kann dann auch der Pauschbetrag im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung zweimal angesetzt werden. Dass es sich bei der steuerrechtlichen Gestaltung von Vor- und Nacherbschaft um ein und denselben Todelsfall handelt, führt nicht zu einer teleologischen Reduktion der Vorschrift.
Pauschbetrag dient Vereinfachung
Der Abzug des Pauschbetrags setzt auch nicht voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind, die vom Pauschbetrag erfasst sind. Die gesetzliche Regelung geht vielmehr zutreffend davon aus, dass mit dem Erbanfall typischerweise entsprechende Kosten entstehen.Der Abzug der Pauschale ist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich ohne Nachweis möglich. Die Regelung dient der Vereinfachung des Verfahrens, ein Nachweis würde diesen Gesetzeszweck konterkarieren. Das Urteil des FG berücksichtigt diese Prämissen. Die Klägerin ist als zivilrechtliche Nacherbin nach ihrer Tante erbschaftsteuerrechtlich als Erbin nach deren Ehemann zu behandeln. Die Frage, ob sie diesen auch zivilrechtlich unmittelbar beerbt hat, ist ohne Bedeutung. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs für die Nacherbschaft ist der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG zu berücksichtigen.
Quelle: BFH, Urteil vom 1. Februar 2023 (II R 3/20), veröffentlicht am 4. Mai 2023
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Private Nachfolge im Zivil- und Steuerrecht von Sandra Heide Das private Sach- und Geldvermögen hat sich in Deutschland in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt. Jährlich bis zu 400 Milliarden Euro könnten hiervon nach aktuellen Schätzungen vererbt oder verschenkt werden. Dennoch fällt es vielen Menschen weiterhin schwer, sich über ihre Vermögensnachfolge oder Schenkungen zu Lebzeiten Gedanken zu machen.
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(ESV/cmx)
Programmbereich: Steuerrecht