Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Rüdiger Quedenfeld: Der Helm eines Geldwäschebeauftragten hat viele Beulen (Foto: privat)
RA Rüdiger Quedenfeld zum Thema Geldwäsche – Interview (Teil 2)

Rüdiger Quedenfeld: Deutschland ist nur eine Bremse bei der Bekämpfung der Geldwäsche

ESV-Redaktion Recht
26.02.2021
Der zweite Teil des Interviews behandelt unter anderem die Motivation von Geldwäschebeauftragten (GWB) oder Erfahrungen des Autors über die Widerstände in den eigenen Reihen. Anschließend zeigt Rüdiger Quedenfeld seine Kritikpunkte an der aktuellen Rechtslage auf und gibt einen Ausblick darüber, wie er sich die Bekämpfung der Geldwäsche in 20 Jahren vorstellt.
Herr Quedenfeld, Die Bekämpfung von Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität muss nach Ihrer Auffassung als Berufung und nicht nur als Job wahrgenommen werden. Wie meinen Sie das?

Rüdiger Quedenfeld: Geldwäschebeauftragte haben einen der interessantesten Jobs in einem Unternehmen. Sie haben Zugang zu allen Systemen, Prozessen, Informationen und Daten. Ein GWB kann nicht sagen, was er in der Zukunft an einem bestimmten Tag machen wird, anders als ein Finanzbeamter, ein Buchhalter, ein Wirtschaftsprüfer u. v. a. Ein Geldwäschebeauftragter muss hellwach, interessiert, aufnahmefähig, stressresistent und vor allem angstlos sein. Ein GWB muss für seine Aufgaben brennen, er muss dafür ein heißes Herz haben, so etwas kann man nicht erlernen, das ergibt sich mit den Aufgaben, oder auch nicht.
 
Sie sagen, dass es im Kampf gegen Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität auch Widerstände in den eigenen Reihen gibt. Sind Sie selbst schon auf solche Widerstände gestoßen und wie gehen Sie damit um?

Rüdiger Quedenfeld: Das ist normal, der Helm eines Geldwäschebeauftragten hat viele Beulen, ein paar davon sind vom Gegner. Immer wieder hört ein GWB von seinen Vorständen/Geschäftsführern „Müssen wir das machen?“, „Die Anderen machen das auch nicht, wir sind die Einzigen“, „Sie behindern unser Geschäft“, „Lassen sie die Kirche im Dorf“, „Halten sie den Ball flach“, „Das ist doch ein guter Kunde unseres Unternehmens / eine bekannte Persönlichkeit, der ist doch sogar ein großer Sponsor für viele soziale Einrichtungen und Projekte o. ä., der wäscht doch kein Geld“ u. v. a. m. Einen GWB dürfen solche „Argumente“, auch die Androhung der Entlassung, wenn sich der Verdacht nicht bestätigt, nicht abschrecken. Als GWB darf man derartiges nicht an sein Herz heran lassen, man muss sich jeden Tag selbst im Spiegel anschauen können, muss ein reines Gewissen haben.
 
Zur Person
Rüdiger Quedenfeld ist Rechtsanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der RQ Sicherheitsmanagement GbR. Seit Mitte der 90er Jahre war er in verantwortlichen Positionen für die Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche und Wirtschafskriminalität in mehreren großen Banken tätig. 

Aktuell widmet er sich der vorbeugenden Beratung und Begleitung von Finanzinstituten und Unternehmen aller Branchen auf den Gebieten der Verhinderung und Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche und ist Autor des Handbuchs Bekämpfung der Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität, das im Erich Schmidt Verlag nun in 5. Auflage erschienen ist. 


Ein Wort zu Ihrem Werk: Warum haben Sie sich dazu entschlossen, zum momentanen Zeitpunkt eine Neuauflage vorzulegen?

Rüdiger Quedenfeld: Seit Erscheinen der 4. Auflage meines Handbuchs sind zahlreiche europäische und nationale gesetzliche Regelungen erlassen wurden, die eine Neuauflage notwendig machten. Hinzu kommt der Wildwuchs von regulatorischen Vorgaben, insbesondere für die Verpflichteten des Nichtfinanzsektors. Die Aufsichtsbehörden und ebenso das BMF sitzen in ihren Elfenbeintürmen und sind an einer Kooperation und an einem Gedanken- und Informationsaustausch mit den Verpflichteten des GwG nicht interessiert, anders als die BaFin, die ihren AuA`s stets vorher zur Konsultation zur Verfügung stellt. Wir müssen dem Wildwuchs und der Selbstherrlichkeit der zahlreichen bundesuneinheitlichen Aufsichtsbehörden von Ministerien, Regierungsbezirken, Regierungspräsidien, Ordnungsämtern u. a. und der Willkür der Prüfer endlich den Garaus machen.
 
Und was schlagen Sie hierzu vor?

Es muss ein einheitliches Vorgehen aller Betroffenen, der Verpflichteten des GWG, möglichst einheitlich agierenden Aufsichtsbehörden und Prüfern angestrebt werden. Die verpflichteten des GWG ziehen am gleichen Ende des Stranges der Geldwäschebekämpfung, wie die Regulierer und Prüfer, nicht am anderen Ende des Stranges.

Was zeichnet denn die neue Auflage Ihres Werkes aus und welche Zielgruppe sprechen Sie an?

Rüdiger Quedenfeld: Ich habe versucht, wirklich praxisorientierte Vorschläge und Hinweise zur Auslegung und Anwendung der gesetzlichen und regulatorischen Vorschriften zu unterbreiten. Jeder Praktiker, jeder GWB sollte dieses Handbuch als Bedienungsanleitung zur Geldwäscheprävention verstehen und danach handeln können.

Das betrifft die Geldwäschebeauftragten aus der Finanz- und Versicherungsbranche ebenso wir die GWB von Güterhändlern, Maklern und Veranstaltern und Vermittler von Glücksspielen. Für die Letztgenannten fehlte es bisher an Fachliteratur.

Mein Handbuch richtet sich auch mit kritischen Hinweisen aber auch mit Lösungsvorschlägen an den Gesetzgeber und an die vielen Aufsichtsbehörden. Sie werden zum Nachdenken über die Sinnhaftigkeit einiger ihrer Auslegungs- und Anwendungshinweise angehalten.

Der kostenlose Newsletter Recht – Hier können Sie sich anmelden! 
Redaktionelle Meldungen zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.


Es ist unabdingbar, den Kampf gegen Geldwäsche international abzustimmen. Für wie effektiv halten den Beitrag Deutschlands zurzeit?

Rüdiger Quedenfeld: Deutschland bekämpft Geldwäsche nicht wirklich und vor allem nicht effektiv. Wir sind ein Eldorado für die Organisierte Kriminalität. In D werden die EU-Richtlinien in den letzten Jahren stets auf den letzten Termin ungesetzt. Die Gesetze sind dann mit heißer Nadel gestrickt, nicht zu Ende gedacht und handwerklich schlecht gemacht. D erfüllt i. d. R. die Mindestforderungen der EU ohne Beachtung der nationalen Besonderheiten. Es werden den Verpflichteten des GwG Pflichten zur sofortigen Umsetzung ohne Übergangsphase aufoktroyiert und bei Nichteinhaltung sanktioniert, die Bundesregierung setzt aber eigene gesetzliche Verpflichtungen nicht oder erst nach mehrmonatiger Verspätung um. Andere europäische Länder sind effektiver in der Geldwäschebekämpfung und der Vermögensabschöpfung, D. ist nur eine Bremse.

Das äußert sich wie?

Wo haben wir in Deutschland ein funktionierendes Transparenzregister? Haben wir ein zentrales Immobilienregister? Haben wir Bargeldobergrenzen? Haben wir eine funktionierende FIU, die nicht nur selbst geschönte Statistiken veröffentlicht und nur solche Verdachtsmeldungen an die Strafverfolger weiter leitet, die sie selbst für relevant hält? Haben wir Datenbanken der Strafverfolgungsbehörden auf die jedes LKA oder jede Staatsanwaltschaft zugreifen kann? Haben wir einen schnellen und reibungslosen Informationsaustausch zwischen der FIU, den Landeskriminalämtern und den Staatsanwaltschaften, aber auch der Nachrichtendienste? Der Föderalismus und der angebliche „Datenschutz“ stehen auf der Bremse und verhindern eine wirksame Geldwäschebekämpfung.

Ihr Ausblick: Wie wird sich die Bekämpfung der Geldwäsche weiter entwickeln und wo stehen wir in 20 Jahren?
 
Rüdiger Quedenfeld: In 20 Jahren haben wir ein anwenderfreundliches Transparenzregister, in dem alle wirtschaftlich Berechtigten aller Rechtsformen eingetragen sind und aktualisiert werden, die Transparenzregister der EU-Mitgliedsstaaten und freiwillig angeschlossener Staaten (möglichst analog der FATF) sind vernetzt und können mühelos und einfach von den Verpflichteten des GwG eingesehen werden. Ein Teil des Transparenzregisters ist das zentrale Immobilienregister, in dem alle Eigentümer von Immobilien eingetragen sind und abgefragt werden können. Auch dieses Immobilienregister ist EU weit vernetzt.

Geldwäsche wird als ein Teil der Wirtschaftskriminalität erkannt. Der Daten- und damit der Täterschutz tritt hinter die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, hinter die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zurück.

Die FIU und alle Strafverfolgungsbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaften und die Dienste können auf alle relevanten Datenbanken zugreifen. Das wird wie bei den § 24c KWG Abfragen erfolgen, in denen alle Banken ihre Kundendaten einem Pool zur Verfügung stellen müssen und über diese Poolabfrage sofort festgestellt wird, wo eine Person bei welchen Banken Konten, Depots oder Schließfächer hat.
 
Die Geldwäschebeauftragten aller Verpflichteten des GwG dürfen untereinander Informationen, die sie zur Bewertung eines Sachverhalts für die Abgabe einer Geldwäscheverdachtsmeldung oder einer Strafanzeige benötigen, austauschen. Nicht nur die GWB einer Unternehmensgruppe oder der Finanz- und Versicherungsbranche untereinander.
 
Der Bund, die Länder und Kommunen, sowie deren Unternehmen, müssen sich vor Investitionen von Dritten, von Investoren, die wirtschaftlich Berechtigten und den Nachweis der legalen Herkunft der zu investierenden Mittel, nachweisen lassen.
 
Es ist eine Bargeldobergrenze von 5.000,00 € oder 10.000,00 € eingeführt. Die Geldwäschebeauftragten sind in allen ihren Entscheidungen,  Entscheidungsvorschlägen und Stellungnahmen analog der internen Revision autark. Die Risikoanalysen bedürfen nicht mehr der Zustimmung des für Geldwäscheprävention verantwortlichen Geschäftsführers.

Erfahren Sie im ersten Teil des Interviews:
  • mehr über die gesetzlichen Neuerungen bei der Geldwäsche,
  • was der Autor vom sogenannten all-crime Ansatz hält,
  • mehr über die Risikoanalyse bei der Geldwäsche,
  • und warum Rüdiger Quedenfeld zur Risikoanalyse ein dreistufiges  Ampelsystem empfiehlt.


Handbuch Bekämpfung der Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität


Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität sind in einer kaum überschaubaren, international vernetzten digitalen Wirtschaftswelt heute unternehmerische Risikobereiche von herausragender Bedeutung.

Alles Wichtige in einem Band

Eine prägnante „Bedienungsanleitung“ zur Verhinderung und Bekämpfung wirtschaftskrimineller Handlungen bietet Ihnen der QUEDENFELD, der Ihnen alles Wichtige auf neuestem Stand zusammenstellt:

  • Gesetzliche und regulatorische Bestimmungen – insb. das Geldwäschegesetz (GwG) und angrenzende Vorschriften, aufsichtsrechtliche Bestimmungen, Mitteilungen aus den Verbänden u.a.
  • Wichtige internationale Organisationen und Gremien
  • Risikoanalyse mit vielen Beispielen und einem speziell entwickelten Ampelsystem zur Einschätzung potenzieller Gefahren und Ableitung geeigneter Maßnahmen
5. Geldwäscherichtlinie im Fokus: In der Neuauflage finden Sie insbesondere die Verschärfungen im Zuge der 5. GwG-RL berücksichtigt: z.B. zu Kundensorgfaltspflichten, Meldepflichten, zum Transparenzregister oder der Erweiterung des Kreises der Verpflichteten um Immobilienmakler, Güterhändler und die Glücksspielbranche.

Optimale Prüfungsvorbereitung: Eine praxiserprobte Risikomatrix und ein Katalog zum Abgleich getroffener/möglicher Maßnahmen unterstützen Sie bei der Entwicklung einer organisationsgerechten Prävention – und der Vorbereitung reibungsloser interner und externer Prüfungen.
Verlagsprogramm Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht 

(ESV/pc/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht