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Umkämpfte Nutzerdaten: Doch das Verhältnis zwischen DSGVO und dem Wettbewerbsrecht ist noch weitgehend ungeklärt (Foto:cutimage/Fotolia.com)
Verhältnis von DSGVO und UWG

Schützt die DSGVO auch Konkurrenten? Der Meinungsstand im Überblick

ESV-Redaktion Recht
20.11.2018
Soll die DSGVO auch Mitbewerber schützen? Dann könnten diese bei datenschutzrechtlichen Verstößen auch Konkurrenten abmahnen. Bislang besteht in dieser Frage aber keine Einigkeit und damit auch keine Rechtssicherheit, wie einige aktuelle Gerichtsentscheidungen und neue Initiativen des Gesetzgebers zeigen.
Die Gerichte streiten im Wesentlichen darum, ob die DSGVO mit ihrem Sanktionssystem abschießend ist und somit auch das UWG verdrängt, oder ob zumindest sogenannte Marktverhaltensregeln aus dem UWG neben der DSGVO gelten sollen. Anhänger der „Verdrängungstheorie“ befürchten vor allem eine Abmahnwelle, weil die Regelungen der DSGVO sehr umfassend und komplex sind. Aber auch der Gesetzgeber ist sich in diesen Fragen offenbar noch nicht sicher, so dass auch von dieser Seite ein Nachbesserungsbedarf in der Diskussion ist. 

LG Bochum: Keine Ansprüche von Mitbewerbern aufgrund von Verstößen gegen DSGVO

In seinem Urteil vom 07.08.2018 entschied die 12. Zivilkammer des Landgerichts Bochum, dass Verstöße gegen die DSGVO keine wettbewerbsrechtlichen Unterlassungs-und/oder Schadensersatzansprüche unter Konkurrenten auslösen können. Die Begründung:  
  • Detaillierte und abschließende Regelungen in der DSGVO: Die Artikel 77 bis 84 DSGVO enthalten Regelungen, die  Ansprüche von Mitbewerbern ausschließen. Dabei war der  Kammer durchaus bewusst, dass Frage umstritten ist. Für den abschließenden Charakter der benannten Regelungen der DSGVO spreche vor allem, dass die DSGVO den anspruchsberechtigten Personenkreises detailliert regelt.
  • Nur bestimmte Organisationen zur Rechtewahrnehmung befugt: So hätte nicht jeder Verband ein Recht zur Wahrnehmung der Rechte einer betroffenen Person. Vielmehr hätten nur bestimmte Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht unter weiteren Voraussetzungen ein solches Recht.
Hieraus schloss das LG Bochum, dass der EU-Gesetzgeber Mitbewerber des Verletzers vollkommen von diesen Befugnissen ausschließen wollte. In seiner Urteilsbegündung stützten sich die Bochumer Richter in erster Linie auf die Meinung von Köhler in ZD 2018, 337.

Dieser Meinung schloss sich auch das Landgericht (LG) Wiesbaden mit Urteil vom 05.11.2018 – AZ: 5 O 214/18 an. 

Quelle: Urteil des LG Bochum vom 07.08.2018 – AZ: I-12 O 85/18

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LG Würzburg: Handlungen der Antragsgegnerin sind UWG-Verstoß

Anders dagegen das Landgericht (LG) Würzburg. In ihrem Beschluss vom 11.09.2018 gingen die Würzburger Richter – mit dem OLG Hamburg (3 U 26/12) und dem OLG Köln (6 U 121/15) – davon aus, dass die DSGVO-Vorschriften, gegen die im Streitfall verstoßen wurde, gleichzeitig den Wettbewerb schützen sollen. In dem Streitfall hatte die Antragsgegnerin auf ihrer Webseite Daten erhoben und ihre Seiten nicht verschlüsselt. Die einzelnen Verstöße: 
  • Datenschutzerklärung ungenügend: Vor allem meinen die Würzburger Richter dass die 7-zeilige Datenschutzerklärung der Antragsgegnerin in deren Impressum nicht den Anforderungen der DSGVO genügt.
  • Fehlende Angaben: In der Erklärung fehlten Angaben zum Verantwortlichen, zur Erhebung und zur Speicherung personenbezogener Daten. Zudem enthielt diese weder eine Aufklärung der Nutzer zur Art und zum Zweck der Verwendung, eine Erklärung zur Weitergabe von Daten, über Cookies, Analysetools noch eine Belehrung über die Betroffenenrechte, insbesondere zum Widerspruchsrecht und zur Datensicherheit. Darüber hinaus fehlte ein Hinweis zur Möglichkeit, sich bei einer Aufsichtsbehörde zu beschweren.
Die Krux: die zitierten Entscheidungen des OLG Köln und des OLG Hamburg stammten aus den Jahren 2012 und 2015 – und damit aus Zeiträumen, in denen die DSGVO noch gar nicht gegolten hat.

Quelle: Beschluss des LG Würzburg vom 13.09.2018 – AZ: 11 O 1741/18

OLG Hamburg: Es kommt darauf an

Darüber hinaus hat sich auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg mit der Anwendbarkeit des UWG neben der DSGVO geäußert. Danach enthalten die EU-Vorgaben zum Datenschutz kein abschließendes Sanktionssystem, das einer zivilrechtlichen Verfolgung von Verletzungen der Datenschutzvorschriften durch Mitbewerber nach § 8 Absatz 1 und Absatz 3 Nr. 1 UWG entgegensteht. Dies hat das OLG im Wesentlichen wie folgt begründet: 
  • DSGVO nur Mindeststandard: Zunächst verweisen die Hamburger Richter auf Art. 84 Absatz 1 DS-GVO. Somit dürfen die Mitgliedstaaten auch andere Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung festlegen. Dies gilt dem Gericht zufolge auch für Verstöße, die nicht mit einer Geldbuße belegt sind. Diese Sanktionen, so das OLG weiter, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Dies spreche dafür, dass die DSGVO nur einen Mindeststandard an Sanktionen festlegen will.
  • Verletzte DSGVO-Norm muss Marktverhaltensregel sein: Allerdings, so die hanseatischen OLG-Richter weiter, komme es nach § 3a UWG in jedem Einzelfall drauf an, ob die verletzte DSGVO-Norm tatsächlich eine Marktverhaltensregel ist.
Quelle: Urteil des OLG Hamburg vom 25.10.2018 – AZ: 3 U 66/17 

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Problem erkannt, Gefahr gebannt?

Der Freistaat Bayern, der eine Abmahnwelle befürchtet, hat wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht – und zwar mit folgenden Zielen:
  • Das Datenschutzrecht soll ausdrücklich und generell aus dem Anwendungsbereich des UWG herausgenommen werden.
  • Zudem will die bayerische Inititive einem etwaigen Abmahnmissbrauch dadurch begegnen, dass bloße Verstöße gegen datenschutzrechtliche Unterrichtungs- und Mitteilungspflichten keine zivilrechtlichen Drittansprüche nach dem UKlaG begründen können. Mehr zum Thema!

Gesetzesinitiative des Bundesjustizministeriums

Auch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat inzwischen einen Gesetzentwurf „zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ ausgearbeitet, der das sogenannte Abmahnunwesen beenden soll. Dieser würde das Verhältnis zwischen DSGVO und UWG jeoch allenfalls mittelbar betreffen. Die Maßnahmen des Referentenentwurfs:
  • Kein fliegender Gerichtsstand mehr: Abmahner können so nicht mehr den für sie günstigsten Gerichtsort aussuchen.
  • Deckelung von Vertragsstrafen: Vertragsstrafen sollen bei wiederholtem Verstoß auf 1.000 Euro begrenzt werden, wenn der Verstoß unerheblich ist.
  • Eingeschränkte Kostenerstatutng: Kein Anspruch auf Kostenerstattung für Wettbewerber und Wirtschaftsverbände bei Abmahnungen aufgrund von unerheblichen Verstößen.
  • Schadenersatzanspruch: Wer zu Unrecht abgemahnt wird, soll einen Kostenerstattungsanspruch für seine Verteidigung erhalten.
Quelle: PM des BMJV vom 11.09.2018 
 
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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht