Schützt die DSGVO auch Konkurrenten? Der Meinungsstand im Überblick
LG Bochum: Keine Ansprüche von Mitbewerbern aufgrund von Verstößen gegen DSGVO
In seinem Urteil vom 07.08.2018 entschied die 12. Zivilkammer des Landgerichts Bochum, dass Verstöße gegen die DSGVO keine wettbewerbsrechtlichen Unterlassungs-und/oder Schadensersatzansprüche unter Konkurrenten auslösen können. Die Begründung:- Detaillierte und abschließende Regelungen in der DSGVO: Die Artikel 77 bis 84 DSGVO enthalten Regelungen, die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließen. Dabei war der Kammer durchaus bewusst, dass Frage umstritten ist. Für den abschließenden Charakter der benannten Regelungen der DSGVO spreche vor allem, dass die DSGVO den anspruchsberechtigten Personenkreises detailliert regelt.
- Nur bestimmte Organisationen zur Rechtewahrnehmung befugt: So hätte nicht jeder Verband ein Recht zur Wahrnehmung der Rechte einer betroffenen Person. Vielmehr hätten nur bestimmte Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht unter weiteren Voraussetzungen ein solches Recht.
Dieser Meinung schloss sich auch das Landgericht (LG) Wiesbaden mit Urteil vom 05.11.2018 – AZ: 5 O 214/18 an.
Quelle: Urteil des LG Bochum vom 07.08.2018 – AZ: I-12 O 85/18
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LG Würzburg: Handlungen der Antragsgegnerin sind UWG-Verstoß
Anders dagegen das Landgericht (LG) Würzburg. In ihrem Beschluss vom 11.09.2018 gingen die Würzburger Richter – mit dem OLG Hamburg (3 U 26/12) und dem OLG Köln (6 U 121/15) – davon aus, dass die DSGVO-Vorschriften, gegen die im Streitfall verstoßen wurde, gleichzeitig den Wettbewerb schützen sollen. In dem Streitfall hatte die Antragsgegnerin auf ihrer Webseite Daten erhoben und ihre Seiten nicht verschlüsselt. Die einzelnen Verstöße:- Datenschutzerklärung ungenügend: Vor allem meinen die Würzburger Richter dass die 7-zeilige Datenschutzerklärung der Antragsgegnerin in deren Impressum nicht den Anforderungen der DSGVO genügt.
- Fehlende Angaben: In der Erklärung fehlten Angaben zum Verantwortlichen, zur Erhebung und zur Speicherung personenbezogener Daten. Zudem enthielt diese weder eine Aufklärung der Nutzer zur Art und zum Zweck der Verwendung, eine Erklärung zur Weitergabe von Daten, über Cookies, Analysetools noch eine Belehrung über die Betroffenenrechte, insbesondere zum Widerspruchsrecht und zur Datensicherheit. Darüber hinaus fehlte ein Hinweis zur Möglichkeit, sich bei einer Aufsichtsbehörde zu beschweren.
Quelle: Beschluss des LG Würzburg vom 13.09.2018 – AZ: 11 O 1741/18
OLG Hamburg: Es kommt darauf an
Darüber hinaus hat sich auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg mit der Anwendbarkeit des UWG neben der DSGVO geäußert. Danach enthalten die EU-Vorgaben zum Datenschutz kein abschließendes Sanktionssystem, das einer zivilrechtlichen Verfolgung von Verletzungen der Datenschutzvorschriften durch Mitbewerber nach § 8 Absatz 1 und Absatz 3 Nr. 1 UWG entgegensteht. Dies hat das OLG im Wesentlichen wie folgt begründet:- DSGVO nur Mindeststandard: Zunächst verweisen die Hamburger Richter auf Art. 84 Absatz 1 DS-GVO. Somit dürfen die Mitgliedstaaten auch andere Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung festlegen. Dies gilt dem Gericht zufolge auch für Verstöße, die nicht mit einer Geldbuße belegt sind. Diese Sanktionen, so das OLG weiter, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Dies spreche dafür, dass die DSGVO nur einen Mindeststandard an Sanktionen festlegen will.
- Verletzte DSGVO-Norm muss Marktverhaltensregel sein: Allerdings, so die hanseatischen OLG-Richter weiter, komme es nach § 3a UWG in jedem Einzelfall drauf an, ob die verletzte DSGVO-Norm tatsächlich eine Marktverhaltensregel ist.
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Problem erkannt, Gefahr gebannt?
Der Freistaat Bayern, der eine Abmahnwelle befürchtet, hat wegen der bestehenden Rechtsunsicherheit einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht – und zwar mit folgenden Zielen:- Das Datenschutzrecht soll ausdrücklich und generell aus dem Anwendungsbereich des UWG herausgenommen werden.
- Zudem will die bayerische Inititive einem etwaigen Abmahnmissbrauch dadurch begegnen, dass bloße Verstöße gegen datenschutzrechtliche Unterrichtungs- und Mitteilungspflichten keine zivilrechtlichen Drittansprüche nach dem UKlaG begründen können. Mehr zum Thema!
Gesetzesinitiative des Bundesjustizministeriums
Auch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat inzwischen einen Gesetzentwurf „zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ ausgearbeitet, der das sogenannte Abmahnunwesen beenden soll. Dieser würde das Verhältnis zwischen DSGVO und UWG jeoch allenfalls mittelbar betreffen. Die Maßnahmen des Referentenentwurfs:- Kein fliegender Gerichtsstand mehr: Abmahner können so nicht mehr den für sie günstigsten Gerichtsort aussuchen.
- Deckelung von Vertragsstrafen: Vertragsstrafen sollen bei wiederholtem Verstoß auf 1.000 Euro begrenzt werden, wenn der Verstoß unerheblich ist.
- Eingeschränkte Kostenerstatutng: Kein Anspruch auf Kostenerstattung für Wettbewerber und Wirtschaftsverbände bei Abmahnungen aufgrund von unerheblichen Verstößen.
- Schadenersatzanspruch: Wer zu Unrecht abgemahnt wird, soll einen Kostenerstattungsanspruch für seine Verteidigung erhalten.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Wirtschaftsrecht