Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Baudenkmal: Steuerbescheid auch nach Bestandskraft veränderbar (Foto: Georg Matzat/Fotolia.com)
Abgabenordnung

Sonderausgaben für Baudenkmäler: Verzögerungen bei der Denkmalbehörde gehen nicht zu Lasten der Steuerpflichtigen

ESV-Redaktion Steuern
21.06.2018
Das Finanzamt erkennt bei Vorlage einer Bescheinigung der Denkmalbehörde Erhaltungsaufwendungen für selbstgenutzte Baudenkmäler als Sonderausgaben an. Kann ein Steuerbescheid aber noch zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn die Bescheinigung erst nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung vorgelegt wird, hatte das Finanzgericht Köln zu beurteilen.
Bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzungen können nach dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 26.04.2018 (Az. 6 K 726/16) noch zugunsten der Steuerbürger geändert werden, wenn sie eine Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde nachreichen.

Die Kläger des Urteilsfalls sind Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses, das sie selbst bewohnen. In den Jahren 2008 bis 2010 hatten sie Erhaltungsaufwand von insgesamt 29.000 Euro. Diese Kosten machten sie beim Finanzamt erst dann als Sonderausgaben für Baudenkmäler (§ 10f EStG) steuermindernd geltend, nachdem sie in 2014 eine entsprechende Denkmalbescheinigung vom Amt für Denkmalschutz erhalten hatten. Das Finanzamt lehnte eine Änderung der bisherigen Steuerfestsetzungen ab, weil diese Veranlagungen endgültig durchgeführt und nach steuerrechtlichen Vorschriften nicht mehr änderbar seien. Insbesondere stelle die Bescheinigung der Denkmalbehörde keinen vollständigen Grundlagenbescheid dar, weil sie nur einige, aber nicht alle verbindlichen Regelungen zum Erhalt der Begünstigung enthalte.

Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen auch nach Bestandskraft der Veranlagung

Das Finanzgericht Köln gab indes der Klage statt. Das Finanzamt habe zu Unrecht eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide abgelehnt und die Berücksichtigung der Sonderabschreibung gemäß § 10f EStG für die Baumaßnahmen an dem Objekt der Klägerin versagt. Es verpflichtete das Finanzamt, die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide der Kläger nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern und die Abzugsbeträge gemäß § 10f EStG antragsgemäß zu gewähren.

Aktuelle Meldungen
Hier bleiben Sie auf dem aktuellen Stand im Bereich Steuern. Sie können auch unseren kostenlosen Newsletter Steuern hier abonnieren.

Gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO sei ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukomme, erlassen, aufgehoben oder geändert werde. § 171 Abs. 10 AO definiere einen Grundlagenbescheid als Feststellungsbescheid, Steuermessbetragsbescheid oder als anderen Verwaltungsakt, der für die Festsetzung einer Steuer bindend sei, ohne die Voraussetzungen der Bindungswirkung näher zu bestimmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei für die Annahme einer Bindungswirkung grundsätzlich eine gesetzliche Regelung erforderlich. Ohne gesetzlich angeordnete Bindungswirkung habe der Bundesfinanzhof einen Grundlagenbescheid nur dort für möglich gehalten, wo Sachverhalte zu beurteilen seien, die die Finanzbehörde mangels eigener Sachkunde nicht selbst nachzuprüfen vermöge.

Bescheinigung der Denkmalbehörde ist ein Grundlagenbescheid

Der Bescheid der Denkmalbehörde ist ein anderer Verwaltungsakt, der aufgrund gesetzlicher Regelung für die Finanzbehörde bindend ist, stellten die Richter des Finanzgerichts fest. Denn unabhängig davon, ob die streitigen Aufwendungen als Herstellungskosten an einem Baudenkmal im Sinne des § 10f Abs. 1 EStG oder als Erhaltungsaufwendungen i.S. des § 10f Abs. 2 EStG zu werten seien, ergebe sich die gesetzliche Regelung aus § 7i Abs. 2 EStG, auf welche beide Normen verweisen. Über die Frage der Eigenschaft des Objekts als Baudenkmal, die Erforderlichkeit der Aufwendungen und die vorherige Abstimmung mit der Denkmalbehörde entscheide demnach nicht die Finanzbehörde, sondern die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren. Die Bescheinigung der Landesbehörde sei dabei für die Finanzbehörde bindend und der Nachprüfung durch das Finanzgericht entzogen. Die durch die zuständige Landesbehörde zu erteilende Bescheinigung ist daher ein Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 AO, so das Finanzgericht in der Entscheidungsbegründung.

Unerheblich sei hierbei entgegen der Auffassung des Finanzamts, dass im Bescheinigungsverfahren der Denkmalbehörde nur über einige, nicht aber über alle Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nach § 10f EStG zu entscheiden sei und die Finanzbehörde eine eigene Prüfungskompetenz insbesondere bezüglich der Tatbestandsmerkmale des § 10f EStG habe. Deshalb sei das Finanzamt nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO nachträglich zur Änderung der Einkommensteuerbescheide verpflichtet.

Verzögerung bei Erteilung der Bescheinigung der Denkmalbehörde nicht dem Steuerpflichtigen anzulasten

Hierfür spreche auch, dass Steuerpflichtige sonst um die Steuerbegünstigung für Baudenkmäler gebracht würden. Dass die Verfahren bei den Denkmalbehörden erfahrungsgemäß lange Zeit in Anspruch nehmen, dürfe schließlich nicht zu Lasten der Steuerbürger gehen.

Sofern der für die Steuerbegünstigung nach § 10f EStG zwingend erforderliche Grundlagenbescheid erst nach Bestandskraft der entsprechenden Steuerbescheide ergehe, entgehe dem Steuerpflichtigen möglicherweise die Begünstigung. Denn der Steuerpflichtige habe keine Möglichkeit, seinen Steuerbescheid gegen den Willen der Finanzbehörde offen zu halten. Er könne weder verhindern, dass die Finanzverwaltung die Gewährung der Steuerbegünstigung verweigere und ein Rechtsmittel mangels Vorliegens des Grundlagenbescheids abschlägig bescheide; noch habe er einen einklagbaren Anspruch darauf, dass seine Steuerfestsetzung gemäß § 165 AO vorläufig ergehe. Eine solche Auslegung der Normen liefe rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwider.

Die Revision wurde vom Finanzgericht zugelassen (Az. beim Bundesfinanzhof: X R 17/18).

Quelle: PM des Finanzgerichts Köln vom 15.06.2018

Handbuch des finanzgerichtlichen Verfahrens

Kommt es bei steuerlichen Meinungsverschiedenheiten zum Rechtsstreit, sollten gerade verfahrensrechtliche Fallstricke nicht unterschätzt werden, um Klageerfolg und prozessuale Ziele nicht von Vornherein zu gefährden.

Die 8. Auflage des bewährten Standardwerks leitet Rechtsuchende und ihre Berater Schritt für Schritt durch das finanzgerichtliche Verfahren. Äußerst erfahrene Experten aus der finanzgerichtlichen Praxis erläutern,

  • wie sich ein Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter in jeder Verfahrensphase optimal verhält,
  • welche Prozesshandlungen in der jeweiligen Sachlage vorzunehmen sind,
  • welche typischen "Verfahrensfallen" es gibt und wie sie sich umschiffen lassen.

Als zuverlässiger Ratgeber und Begleiter unterstützt Sie das Handbuch dabei mit vielen Musterbeispielen – etwa bei der Klageschrift, dem Sachantrag, den Anträgen auf Prozesskostenhilfe oder auf Aussetzung der Vollziehung, bei der Revision oder der Beschwerde.


(ESV/fl)

Programmbereich: Steuerrecht