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Lernen im Tandem – ein Austausch auf Augenhöhe, von dem beide Seiten profitieren können. (Foto: zinkevych / stock.adobe.com)
Auszug aus: Fremdsprache Deutsch 67 – Kooperative Lernszenarien

Sprachenlernen im Tandem

ESV-Redaktion Philologie
13.10.2022
In der aktuellen Ausgabe von Fremdsprache Deutsch dreht sich alles um kooperatives Lernen. Karin Kleppin bespricht in ihrem Artikel „Sprachenlernen im Tandem. Entwicklungen, Herausforderungen, Erfolge” Vorteile ebendieser Methode sowie Arbeitsstrategien und erläutert, wie das Lernen zusätzlich unterstützt werden kann.
Lesen Sie im Folgenden einen Auszug aus dem Beitrag:
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Ein kurzer Rückblick

Sprechende mit unterschiedlichen Erst- oder auch Zweitsprachen, die sich gegenseitig beim Sprachenlernen unterstützen, hat es sicherlich immer schon gegeben. Als didaktisches Konzept geht das Lernen im Tandem vor allem auf die binationalen Sprachkurse des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts zurück. Es handelt sich im Wesentlichen um Tandemkurse, die sich auf vorbereitete Materialien und eine recht kleinschrittige Begleitung der Jugendlichen durch Sprachanimateure und -animateurinnen stützen. Mittlerweile existieren eine Reihe von hochschulinternen (Präsenz-) Tandemvermittlungen, eine Vermittlung auf einem Portal der Volkshochschulen sowie eine Reihe von Vermittlungs-Apps, die man alle leicht über einen entsprechenden Suchbefehl findet. Man kann also mit Recht von einer großen Verbreitung der Idee für viele Sprachenpaare und von vorliegenden positiven Erfahrungen ausgehen (vgl. Böcker et al. 2017; Horgues / Tardieu 2020).

Einige Gemeinsamkeiten von Tandemlernkonzepten

Auch wenn sich die Konzepte zum Teil voneinander unterscheiden, stimmen doch alle Vertreterinnen und Vertreter im Wesentlichen bei Folgendem überein:

  • Beim Sprachenlernen im Tandem arbeiten zwei Personen mit verschiedenen Erstprachen oder zum Teil auch Zweitsprachen paarweise zusammen;
  • um die Sprache des jeweiligen Partners/der Partnerin zu lernen;
  • um mehr über die Person und den kulturellen Hintergrund des Partners/der Partnerin zu erfahren;
  • um darüber hinaus auch Kenntnisse und Erfahrungen auszutauschen - z.B. aus der Schule, dem Studium oder dem Freizeitbereich.
Lernende müssen grundsätzlich gleich viel zur gemeinsamen Arbeit beitragen, damit sie dementsprechend auch beide profitieren können. Beide Tandempartner und -partnerinnen sind im Rahmen ihres sozio-kulturellen Kontextes „Expertinnen” bzw. „Experten”. Insofern können sie sich gegenseitig helfen. Sie sind allerdings keine Lehrkräfte, d. h. sie können und sollen weder Lernziele noch Lernmethoden auswählen. Häufig kennen sie nicht einmal die Regeln zur Grammatik der eigenen Sprache und sollten auch nicht versuchen, diese „aus dem Bauch heraus” zu formulieren.

Das Autonomieprinzip bedeutet, dass jeder Tandempartner und jede Tandempartnerin für das eigene Lernen selbst verantwortlich ist. Das heißt, dass man festlegt, was und wie man etwas lernen will. Von dem Partner/der Partnerin kann nur die Unterstützung erwartet werden, um die ausdrücklich gebeten wird. So kann es durchaus vorkommen, dass ein Partner sich für eine mündliche Prüfung vorbereiten will und deshalb von der Partnerin viel sprachlich korrigiert werden möchte. Hingegen könnte das Hauptinteresse seiner Partnerin darin bestehen, erst einmal etwas flüssiger mündlich kommunizieren zu können. Sie wird daher in ihrem Teil der Tandemarbeit vor allem viel selbst reden wollen und viele Fragen zu bestimmten möglichen Formulierungen stellen.

Einige wichtige Regeln und sinnvolle Tandem-Strategien

Regeln für die Zusammenarbeit und Tandemstrategien unterscheiden sich zum Teil von den Strategien, die man sinnvollerweise im Unterricht nutzen kann. Denn die Arbeit mit einer Person, die die Fremdsprache auf „erstsprachlichem Niveau” spricht, eröffnet die Möglichkeit, bewusst den eigenen Interessen und Wünschen gemäß weiter zu lernen. Beispiele hierfür sind:

  • Man kann den Input des Partners/der Partnerin dazu nutzen, aus diesem Input Ausdrücke mehr oder minder bewusst aufzugreifen und eventuell noch einmal nachzufragen, ob man sie adäquat verwendet.
  • Man kann kontinuierlich um Verständnis- und Formulierungshilfen bitten.
  • Man kann Korrekturen und Arten der Korrekturen seinen Wünschen gemäß einfordern.
  • Man kann den Partner/die Partnerin darum bitten, Informationen zu sich, seinem/ihrem Umfeld oder auch zu Meinungen von Freunden und Freundinnen, der Familie etc. zu geben. Es geht dabei nicht um kulturelles Wissen, sondern vielmehr um das kulturelle Umfeld, um altersspezifische Interessen, persönliche Einstellungen und Meinungen.
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Haben Sie Interesse, mehr über Tandems und kooperative Lernformen zu erfahren? Dann lesen Sie den vollständigen Artikel in der aktuellen Ausgabe von Fremdsprache Deutsch.



Fremdsprache Deutsch Heft 67 (2022): Kooperative Lernszenarien

Themenheftherausgebende: Astrid Buschmann-Goebels und Tushar Chaudhuri

Kooperatives Lernen – so einfach und selbstverständlich es klingt – ist leider noch keine Selbstverständlichkeit im Deutschunterricht. Häufig liegt es daran, dass das kooperative Lernen als schwierig zu organisieren, als wenig zielführend oder zu zeitaufwendig abgetan wird. Die Angst, als Lehrende die Kontrolle über den Unterricht zu verlieren, kommt häufig auch hinzu.
Die ausgewählten Beiträge im Heft 67 beweisen genau das Gegenteil: In Zeiten, in denen das vermeintlich einsame Online-Lernen noch viel mehr in Verruf kommt als ohnehin, zeigen unsere Beitragenden, dass das miteinander und voneinander Lernen nicht nur das Online-Lernen effektiver gestaltet, sondern besondere Skills und Kompetenzen trainiert, die der Heterogenität der heutigen Lernkontexte gerechter werden.
Theoretische Modelle, viele Tipps, Do’s and Don’ts, zahlreiche Links und Hinweise zu kooperativem Lernen im Heft erleichtern den Zugang zum effektiven kooperativen Lernen vor allem für Kolleginnen und Kollegen, die damit erst Neuland betreten. Reflektierte Erfahrungsberichte ermöglichen dagegen denjenigen Leserinnen und Lesern, die schon erste Erfahrungen in Gestaltung von kooperativen Lernszenarien haben, die eigene Praxis kritisch zu reflektieren und neue Ideen zu entwickeln. Nicht zuletzt ist das Heft ein Plädoyer für mehr Mut zur Selbstständigkeit für die Lernenden im 21. Jahrhundert.

Programmbereich: Deutsch als Fremdsprache