Sie haben folgende Möglichkeiten:
  1. zum Login.
  2. zur Navigation.
  3. zum Inhalt der Seite.

Wer aus einem Corona-Risikogebiet aus dem Ausland nach Deutschland eingereist ist, muss sich in fast allen Bundesländern in heimische Quarantäne begeben, und zwar auch dann, wenn die Inzidenzwerte im Ausland niedriger waren, als im Innland (Foto: dragonstock / stock.adobe.com)
Quarantänepflicht bei Einreisen aus internationalen Risikogebieten

Steigende Inzidenzahlen in Deutschland stellen Pflicht zur Quarantäne für Reiserückkehrer infrage

ESV-Redaktion Recht
14.12.2020
Das OVG Münster hatte im November 2020 die Quarantänepflicht für Auslandsrückkehrer in NRW vorläufig außer Vollzug gesetzt. Der Grund: Die Infektionszahlen im ausländischen Risikogebiet waren niedriger als im Inland. Demzufolge geht von den Einreisenden keine höhere Gefar aus als von Personen in inländischen Risikogebieten, so das OVG Münster. Nach Auffassung zahlreicher anderer Obergerichte kann diese Frage aber erst in den jeweiligen Hauptsacheverfahren geklärt werden.

VGH Mannheim: Quarantänepflicht für Ein- und Rückreisende aus Baden-Württemberg bleibt bestehen

Sehr intensiv hat sich der VGH Mannheim mit den rechtlichen Argumenten auseinandergesetzt. In mehreren Eilverfahren hat der VGH – im Gegensatz zum OVG Münster –  aber entschieden, dass sich Einreisende nach Baden-Württemberg, die aus dem Ausland kommen, auch weiterhin in Quarantäne begeben müssen. 

In den beiden ersten Verfahren (1 S 3737/20 und 1 S 3757/20) hielten sich die Antragsteller in ihren Ferienhäusern auf Mallorca bzw. in Österreich auf. Antragstellerin im Dritten Verfahren (1 S 3849/20) war eine Informatikerin, die seit Mitte November ihren Lebensgefährten in Dubai unterstütze, der dort eine Ferienwohnung betreibt. Zudem hatte sie Urlaub in den Vereinigten Arabischen Emiraten gemacht. Sie wollte am 9.12.2020 nach Deutschland zurückkehren und am 10.12.2020 ihre Arbeit wieder aufnehmen. Zwar waren die Emirate seit dem 23.9.2020 ein Risikogebiet, allerdings waren Infektionszahlen dort niedriger als in Deutschland.

Höhere Inzidenzzahlen in Deutschland unerheblich

Der VGH Mannheim hat alle drei Anträge abgelehnt. Dem VGH zufolge geht von einer Einreise aus anderen Ländern mit erheblichen Infektionszahlen auch eine bedeutende Gefahr für die Weiterverbreitung von Corona in Deutschland aus. Dabei beruft sich der VGH auf die Erfahrungen des Sommers 2020. Daran ändern nach Auffassung des Gerichts auch die zum Teil höheren Infektionszahlen in Deutschland nichts. Die weiteren tragenden Gründe des VGH:

  • Quarantäne Teil eines Gesamtkonzepts: Die Quarantäneregelungen wären, wie das Beherbergungsverbot für touristische Reisen, die Schließung von Gaststätten und von Freizeiteinrichtungen, die verschärften Kotaktbeschränkungen sowie die Maskenpflicht Teil des Gesamtkonzepts zur Pandemiebekämpfung. Dies soll die Bevölkerung vor individuellen Gesundheitsgefahren schützen und eine Überlastung des Gesundheitswesens vermeiden. 
  • Infektionsrisiken im Ausland nicht nachprüfbar: Darüber hinaus wäre für den Verordnungsgeber nicht nachprüfbar, welchen konkreten Infektionsrisiken die Einreisende ausgesetzt waren.
  • Quarantäne gerechtfertigt und keine Ungleichbehandlung: Daher ist die Quarantänepflicht gerechtfertigt und es liegt keine unsachgemäße Ungleichbehandlung im Vergleich zu Personen vor, die sich in innderdeutschen Risikogebieten aufgehalten haben.
Bei der Informatikerin kam hinzu, dass die Emirate schon bei ihrer Abreise ein Risikogebiet waren. Wer sich unter diesen Umständen dennoch zu einem Flug dorthin entscheidet, nimmt die damit verbundenen Konsequenzen bewusst in Kauf, so der VGH abschließend.
 
Quelle: PM des VGH Mannheim vom 4.12.2020 zu den Beschlüssen vom 3.12.2020 – 1 S 3737/20, 1 S 3757/20, 1 S 3849/20

Der kostenlose Newsletter Recht - Hier können Sie sich anmelden!
Redaktionelle Nachrichten zu neuen Entscheidungen und Rechtsentwicklungen, Interviews und Literaturtipps.
 

VGH München: Quarantänepflicht ist erst im Hauptsacheverfahren zu klären

Auch der VGH München hat die Bayerische Einreise-Quarantäneverordnung nicht vorläufig außer Vollzug gesetzt. Bei diesem Streitfall hielt sich der Antragsteller an seinem Zweitwohnsitz in Spanien auf und wollte zurück nach Bayern reisen. Auch Spanien ist ein Risikogebiet. Auch die Bayerische Einreise-Quarantäneverordnung sieht bei der Einreisen aus einem Risikogebiet eine 10-tägige Quarantänepflicht vor. 

Der BayVGH entschied über die Rechtmäßigkeit der Quarantäneanordnung allerdings nicht. Demnach ist erst im Hauptsacheverfahren zu klären, ob allein die Rückkehr aus einem Risikogebiet zu einem Ansteckungsverdacht führt. Im Rahmen einer Folgenabwägung bewertete der VGH München das öffentliche Interesse am Schutz der Gesundheit vorläufig höher als das Interesse der Betroffenen, nicht in Quarantäne zu müssen.

Quelle: PM des VGH München vom  3.12.2020  zum Beschluss vom selben Tag – 20 NE 20.2749

OVG Berlin-Brandenburg bestätigt Quarantäneregelung für Reiserückkehrer aus Risikogebieten vorläufig  

Ebenso ist nach Auffassung des OVG-Berlin-Brandenburg im Eilverfahren keine verlässliche Bewertung Rechtmäßigkeit der Quarantäne-VO möglich. Zumindest drängte sich dem OVG kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz auf. Demnach beruht die Feststellung von Risikogebieten auf belastbaren Grundlagen. Darüber hinaus bergen touristische Reisen ins Ausland prinzipiell Risiken, denen die innländische Bevölkerung nicht gleichermaßen ausgesetzt sind. Nach Auffassung des OVG stand daher die Folgenabwägung der vorläufigen Außervollzugsetzung der angegriffenen Quarantäneregelung entgegen. Auch in diesem Streitfall wollte der Antragsteller aus den Vereinigten Arabischen Emiraten einreisen, in denen die Inzidenzzahlen niedriger waren als im Innland.

Quelle: PM des OVG Berlin-Brandenburg vom 8.12.2020 zum Beschluss vom 7.12.2020 – 11 S 123/20

Mehr Meldungen rund um die Pandemie finden Sie auf unserer Sonderseite: Aktuell Corona

OVG Bautzen: Zulässigkeit einer Quarantänepflicht  für Einreisende aus Risikogebieten noch nicht abschließend geklärt

Ähnlich wie die Richter-Kollegen aus München und Berlin-Brandenburg setzen auch die Kollegen des Sächsisches Oberverwaltungsgerichts (OVG Bautzen) die Quarantäne-Verordnung des Landes nicht außer Vollzug. Im Rahmen einen Eilverfahrens hatten auch die Bautzener Richter eine Folgenabwägung vorgenommen und das öffentliche Gesundheitsinteresse höher bewertet als die Individualinteressen des Einreisenden, obwohl die Inzidenzzahlen im betreffenden Ausland niedriger waren als im Einreisegebiet. 

Quelle: PM des OVG Bautzen vom 10.12.2020 zum Beschluss vom 9.12.2020 – 3 B 417/20

OVG Weimar: Entscheidung über unsachgerechte Ungleichbehandlung erst im Hauptsacheverfahren

Auch nach Auffassung des OVG Weimar bleibt es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, ob eine Quarantänepflicht bei Rückkehrern aus Risikoländern mit niedrigerer Inzidenz als im Inland eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Personen ist, die sich in einem inländischen Risikogebiet aufhalten und nicht in Quarantäne müssen. 

Quelle: PM des OVG Weimar vom 9.12.2020 zum Beschluss vom 7.12.2020 – 3 EN 810/20

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Pflicht zur Absonderung für Reiserückkehrer im Eilverfahren nicht möglich, da der Fall eine Vielzahl komplexer fachlicher und rechtlicher Fragen aufwirft, deren Klärung einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen. 

OVG Saarlouis: Quarantänepflicht im Saarland für Einreisende aus dem Ausland gilt vorerst weiter 

Darüber hinaus hat auch das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (OVG Saarlouis) nicht über die Rechtmäßigkeit der Quarantänepflicht Eilverfahren im Eilverfahren entscheiden. Demzufolge hängt die Beantwortung dieser Frage von zahlreichen komplexen fachlichen und rechtlichen Überlegungen ab, so dass darüber Hauptsacheverfahren zu entscheiden ist. 

Quelle: PM des OVG Saarlouis vom 11.12.2020 zum Beschluss vom 10.12.2020 – 2 B 361/20

Expedition Steuern&Recht

SRTour - Steuer- und RechtsBrief Touristik

Mit dem Steuer- und RechtsBrief Touristik SRTour, dem aktuellen Informationsdienst für Touristik, Business Travel und Hotellerie, bleiben Sie auf dem neuesten Stand. Branchenexperten versorgen Sie mit regelmäßigen Updates und Praxistipps zu allen Steuer- und Rechtsfragen der Tourismusbranche.

SRTour bietet tourismusspezifische Antworten für Praktiker in Reisebüros, Reiseveranstalter oder Hotels, aber auch für ihre Berater: 

  • 12 x im Jahr: fundiert und gut lesbar mit vielen Tipps, Kurzhinweisen, Checklisten und Praxisbeispielen zu branchenspezifischen Themen.
  • Direkter Fachaustausch: Kenner der Materie arbeiten an der Zeitschrift mit und beantworten im Leserforum auch regelmäßig Ihre Fragen.
Testen Sie SRTour doch einmal kostenlos und unverbindlich.
Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht 

Mehr zum Thema

26.11.2020
OVG Münster setzt Quarantänepflicht für Auslandsrückkehrer in NRW vorläufig außer Vollzug
Nach den Vorgaben der sogenannten 7-Tage-Inzidenz wäre ein Großteil von Deutschland ein Corona-Risikogebiet. Kann unter diesen Umständen die Quarantänepflicht für Einreisende aus dem Ausland noch weitergelten, wenn die Inzidenzwerte dort niedriger waren? Hierzu hat sich das OVG Münster in einem aktuellen Eilbeschluss geäußert. mehr …


(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht