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Stopper: „Verbände denken über Gehaltsobergrenzen oder Luxussteuer nach” (Foto: Rawf8/Fotolia.com)
Nachgefragt bei: Rechtsanwalt Dr. Martin Stopper

Stopper: „Transferzahlungen, hohe Spielergehälter oder Beraterzahlungen sind das Damoklesschwert, das bald fällt“

ESV-Redaktion Recht
09.05.2018
Arbeitsverträge von Fußball-Profis, können grundsätzlich befristet werden, so jüngst das Bundesarbeitsgericht (BAG). Über diese Entscheidung und über die Auswirkungen der Befristungen auf das Transfersystem des Profifußballs hat sich die ESV-Redaktion mit dem Fußballrechtsexperten Rechtsanwalt Dr. Martin Stopper unterhalten.



Herr Dr. Stopper, Arbeitsverträge mit Lizenzspielern der Fußball-Bundesliga dürfen nach einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts befristet werden. Warum zählt der Bundesliga-Profi überhaupt zur Arbeitnehmerschaft?
 

Martin Stopper: Leider fehlt es an einer Rechtsschablone, die einen Fußball-Profi passgenau behandelt. Er ist natürlich stark weisungsabhängig. Aber sonst hat er mit dem Arbeitnehmer nicht viel gemein: viele Überstunden, keine Wochenenden, aber auch ganz sicher selten eine finanzielle Abhängigkeit. Er schließt ausschließlich Zeitverträge, die eigentlichen artenuntypisch unter das Teilzeit- und Befristungsgesetz fallen, womit er dann darüber streiten darf, ob seine Tätigkeit denn einem Befristungsgrund unterliegt. Mit all diesen Fragen dürfen sich Profiverein und Profifußballer rumschlagen, ohne dass sie den Gesetzgeber einmal um Hilfe gefragt haben.

„Schneller Verschleiß im Spitzensport als tauglicher Befristungsgrund”

Die Erfurter Richter haben nun Besonderheiten der Arbeitsleistung ausgemacht. Was sind denn konkrete Befristungsgründe?

Martin Stopper: Es geht ja um die Eigenart, die das Teilzeit- und Befristungsgesetz verlangt, das ja, wie gesagt, gänzlich andere Schutzzwecke verfolgt als eine für den Fußball so wichtige „krumme“ Rechtfertigungsgrundlage für das millionenschwere Transfersystem zu bilden. Deshalb hat man das Abwechslungsbedürfnis der Zuschauer oder den schnellen Verschleiß bei der Erbringung von Spitzensport als taugliche Befristungsgründe mit Argumenten ausgefüllt. Als Richter hat man eben das Recht anzuwenden, das einem an die Hand gegeben wird.   

Zur Person
Dr. Martin Stopper, seit über 20 Jahren im Sport tätig, ist Gründungspartner von Lentze Stopper Rechtsanwälte. Seinem Studium der Rechtswissenschaften in Konstanz folgten Promotion zum Dr. jur. und Habilitation mit der Venia Legendi für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht und Wettbewerbsrecht. Stopper war unter anderem als Justitiar bei der FIFA Marketing & TV Deutschland GmbH. Er ist Mitglied in der Deutschen Vereinigung für Sportrecht e.V. und Mitherausgeber der Zeitschrift SpuRt. Im ESV ist er Herausgeber des Handbuch Fußball-Recht, das soeben in 2. Auflage erschienen ist.

Artikel 18 Abs. 2 Satz 2 des Fifa RSTP ­– Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern – bestimmt als Soll-Vorschrift sogar eine maximale Vertragslaufzeit zwischen Verein und Spieler von fünf Jahren. Was ist der Hintergrund dieser Fifa-Regelung, die ja hinter nationalen arbeitsrechtlichen Regeln zurückstehen müssen?

Martin Stopper: Die Fünf-Jahres-Regelung ist das Ergebnis einer Abwägungsentscheidung. Durch sie werden die berechtigten Interessen der Spieler geschützt. Zu lange Vertragsbindungen bedeuten eine Sackgasse, wenn Spieler und Verein nicht mehr zusammenpassen. Dann ist beiden mit der begrenzten Laufzeit geholfen.

In diesem Sinne ist zum Beispiel auch die Vertragsdauer für Minderjährige auf höchstens drei Jahre begrenzt, um unvorhersehbaren Karriereentwicklungen begegnen zu können. Zusätzlich wurde im Sinne der Vereine die durchschnittlich benötigte Zeit in Ansatz gebracht, die zum Aufbau einer konkurrenzfähigen Mannschaft benötigt wird.

Diese wohlmeinenden Erwägungen sind jedoch von der Realität eingeholt worden. Die Fliehkräfte, die die Länge von Verträgen beeinflussen, sind heutzutage anders motiviert.

Verfolgt man die Sportpresse vor allem zu Saisonende, überschlagen sich die Meldungen zu Spielertransfers. Inwieweit trägt die Befristung der Arbeitsverträge hierzu bei?

Martin Stopper: Noch mehr als die Befristung stellt vor allem das Bestehen von Arbeitsverträgen überhaupt das rechtliche Instrument zur Errichtung eines Transfersystems her. Als Preismanipulator für die Transfersumme sind aber befristete Arbeitsverträge besser geeignet, wenn nicht schon die berühmte Ablösesumme festgeschrieben ist.

„Je länger die vertragliche Restlaufzeit, desto höher die Transferzahlung”

Das heißt, dass in den meisten Fällen nicht aus vertraglicher Not ein Fünf-Jahresvertrag bereits nach dem 3. Jahr um weitere fünf Jahre verlängert wird, weil man den Spieler nibelungentreu an den Verein binden will, sondern um die Höhe einer Transferentschädigung zu beeinflussen: je länger die vertragliche Restlaufzeit bei einem Transfer, desto höher die Transferzahlung. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Die Zahlung der „Entschädigung“ gibt es bereits im Jugendbereich. Halten Sie das als eine Art „Ausbildungsentschädigung“ für den abgebenden Verein für angemessen?

Martin Stopper: Entschädigungen sind grundsätzlich gut, wenn sie ihrem Wortsinne einen Schaden kompensieren können. Wenn ein wertvoller Spieler geht, soll der Verein dafür belohnt werden, dass er so wertvoll ist - soweit der Verein messbar zur Ausbildung beigetragen hat. Aber dafür eignen sich Transferentschädigungen nur bedingt. Dafür eignet sich das ja schon bestehende Pauschalsystem zur Zahlung von Ausbildungsentschädigungen, dass die Fifa erlassen hat, besser. Es belohnt nämlich nicht nur den letzten abgebenden Verein, sondern zudem alle seine Vorgänger, wenn denn vorhanden.      

Ihrem Werk ist zu entnehmen, dass nicht nur die Zahl der Transfers, die eine Transferentschädigung auslösen, steigt, sondern auch die absolute Summe der Entschädigungen. Diese ist von rund 1,25 Mrd. US-Dollar im Jahr 2012 auf 2,75 Mrd. US-Dollar im Jahr 2016 gestiegen – mehr als eine Verdoppelung. Sind dafür nur die stetig steigenden Fernsehgelder verantwortlich oder gibt es weitere Gründe?

Martin Stopper: Das sind sicher fundamentale Gründe, denn irgendwo muss das Geld ja herkommen. Ganz irre wird es aber erst, wenn jenseits von einigermaßen ehrlichen Marktwertsteigerungen noch diejenigen auftauchen, die einfach mal so im Transferzirkus mitspielen wollen, also die Investoren zum Beispiel aus Katar, deren Geldflüsse sicher nicht „aus dem Fußball in den Fußball fließen“.

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Welchen Einfluss haben wirtschaftliche Rechte Dritter auf Transfers? Gibt es eine Transferautonomie, um einer Fremdbestimmung durch Dritte zu begegnen?

Martin Stopper:
Theoretisch ja, und das ist nicht einmal zynisch gemeint. Das so genannte Verbot der „Third Party Ownership“ ist geeignet, Ansprüche Dritter an Transferentschädigungszahlungen zu unterbinden. Aber die Durchsetzung dieses Verbots fällt schwer, da die Gier in diesem Honigtopf gut gefüttert wird und so mit viel Aufwand Fantasien zur Regelumgehung beflügelt und zur Umsetzung gebracht werden. Die Fifa versucht, diesem Treiben Einhalt zu bieten, aber es ist ein Kampf, den man nur gewinnen kann, wenn man selbst gut „bewaffnet“ ist.       

Spielervermittler handeln zunächst im Auftrag des Spielers, später wechseln sie den Auftraggeber und werden im Interesse des Vereins tätig. Welche Rolle messen Sie aktuell den Spielervermittlern zu?  

Martin Stopper: Sicherlich eine sehr große, da jeder erfolgreiche Spieler durch einen Spielerberater begleitet wird. Spielerberater sind besonders mächtig, wenn sie besonders gute und/oder besonders viele Spieler beraten. Dann werden Transfers gerne mal nicht nur aus sportlichen Gründen ermöglicht, sondern weil sie Teil eines ausgeklügelten Spielerverschiebungssystems sein können. Der Wechsel der Interessenvertretung bei einem Transfer von Spieler zu aufnehmendem Verein und wieder zurück, trägt dazu bei, schließlich zahlt bis heute immer noch ausschließlich der Verein den Spielerberater des Spielers.  

Bei den Transfersummen war der Neymar-Transfer letztes Jahr der vorläufige Höhepunkt mit einer Transfersumme von 222 Millionen Euro. Hier kann die Bundesliga nicht mithalten. Wie kann sie aber den hieraus resultierenden Gefahren für den sportlichen Wettbewerb begegnen? 

„Schieflage bei Finanzausstattung schadet sportlichem Wettbewerb”

Martin Stopper: Jede Schieflage in der Finanzausstattung schadet einem Wettbewerb, wenn seine Teilnehmer zum Teil im Porsche und zum Teil auf dem Fahrrad gegeneinander antreten sollen. Das sind Transferzahlungen zum Teil, unkontrolliert hohe Spielergehälter oder Beraterzahlungen tun ihr Übriges. Das ist das Damoklesschwert, das bald nicht mehr schwebt, sondern fällt.  

Haben Sie den Eindruck, die Verbände - Fifa, Uefa, DFB – steuern aktiv der Entwicklung am Transfermarkt entgegen? 
 
Martin Stopper: Status ist, das die Verbände das Problem erkannt haben, was wichtig ist. Jetzt denkt man über Lösungen nach, Gehaltsobergrenzen, Luxussteuer, Schaffung eines wirklichen Transfermarktsystems sind die richtigen Instrumente. Aber da müssen die Gesetze mitspielen oder geschaffen werden. Und die Lösungen müssen nachhaltig und umfassend sein. Mosaiksteine reichen nicht mehr aus.

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Das Eckige für das Runde - soeben erschienen: 

Handbuch Fußball-Recht

Als erstes Handbuch in Deutschland, das sich mit den juristischen Spielregeln des Profifußballs befasst, hat der Stopper/Lentze bereits für Aufsehen gesorgt. Die 2. Auflage aktualisiert alle Inhalte und wurde um wichtige neue Schwerpunkte erweitert:
  • Gut stehen, schnell umschalten: Die wichtigsten Praxisthemen auf neuestem Stand
  • Rechte: Marketing- und Medienrechte, Hospitality-Rechte, gewerbliche Schutzrechte, Kartell- und Arbeitsrecht. Neu: steuerrechtliche Aspekte, Sportwetten.
  • Vermarktung: Wirtschaftliche und rechtliche Hintergründe von FIFA, UEFA, DFB, DFL sowie der Clubs und Vermarktungsagenturen. Neu: Spielertransfers und Spielervermittlung.
  • Organisation: Großveranstaltungen, Rechtsformwahl, Ticketing, Schiedsgerichtsbarkeit. Neu: Sicherheit, Clubfinanzierung, Financial Fairplay, Wettbewerbsintegrität und Anti-Diskriminierung.

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(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht