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Stream-Ripping-Dienste ermöglichen das Auslesen und Herunterladen der Tonspur aus Videodateien (Foto: adiruch na chiangmai/Fotolia.com)
Urheberrecht

Stream-Ripping: MP3-Converter für YouTube auf dem Prüfstand

ESV-Redaktion Recht
16.08.2018
Stream-Ripping ermöglicht ein Herunterladen von YouTube-Videos und deren Umwandung in MP3-Dateien. Dänische Richter halten dies jedoch für illegal und haben hierzu eine weltweit wohl einmalige Entscheidung getroffen. Sind die Stream-Ripping-Dienste oder gar YouTube selbst jetzt angezählt?
Geklagt hatte die „Anti-Piraterie-Vereinigung Rights Alliance“. Medienberichten zufolge spricht die Organisation von einem historischen Urteil. Danach soll die verhängte Sperre die erste ihrer Art weltweit sein. Der Aufschrei in den einschlägigen Foren und Communities ist laut. Nach dem Motto „Jetzt wollen sie uns auch noch YouTube wegnehmen!“ diskutieren sie hitzig über die aktuelle gerichtliche Entscheidung aus Dänemark.

Convert2MP3 im Zentrum der Entscheidung

Gegenstand des dänischen Richterspruchs aus Frederiksberg bei Kopenhagen ist der Stream-Ripping-Dienst Convert2MP3. Ein Blick in das Impressum der Seite offenbart die deutsche Mediastack UG aus Linden. Mit diesem Dienst können Internetnutzer Videos – vor allem von YouTube – in folgenden Schritten in eine Audio-Datei umwandeln:
  1. der Nutzer schickt dem Dienst zunächst seinen gewünschten Video-Link,
  2. der Dienst filtert die Tonspur aus dem Video heraus und wandelt diese in das gängige MP3-Format um,
  3. nach der Konvertierung kann der Nutzer die Audio-Datei kostenlos herunterladen. 
Der gesamte Prozess dauert oft nur wenige Sekunden. Es ist auch möglich, auf das Auslesen der Tonspur zu verzichten und das Video selbst in einem gängigen Dateiformat herunterzuladen. 

Die Rechtslage in Deutschland

Jenseits der dänischen Grenze wirkt das Urteil nicht. Nur dänische Internet-Provider müssen den Dienst aus Deutschland nun blockieren. Hierzulande ist die Seite weiterhin problemlos abrufbar. Dennoch – sollte der nachbarliche Richterspruch Schule machen, kann dies auch Auswirkungen auf die Rechtslage in Deutschland haben. Diese skizziert sich wie folgt: 
  • Privatkopie: Auch in Deutschland werden solche Dienste seit Jahren kontrovers diskutiert. Herzstück der Debatte ist dabei § 53 UrhG. Dieser lässt die Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks zum Eigengebrauch – also als Privatkopie – unter bestimmten Umständen zu.
  • Keine offensichtlich rechtswidrige Vorlage: Hierzu zählt etwa, dass im Rahmen der Vervielfältigung keine „offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage“ verwendet wird.
Im Wortlaut: § 53 Absatz 1 Satz 1 UrhG: Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch
(1) Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. (..)
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Wann dies der Fall ist, ist unscharf: Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass grundsätzlich jede Vervielfältigung, die mit Hilfe einer rechtswidrigen Vorlage erstellt wurde, auch rechtswidrig ist. Die Privatkopie im oben genannten Sinne unterbricht dieses Prinzip, wobei nach der wohl überwiegenden Meinung unter Juristen folgende Grundsätze gelten:
  • Für denjenigen, der nicht berechtigt ist, ein Video auf YouTube hochzuladen oder auf sonstige Weise öffentlich zugänglich zu machen, ändert sich nichts. Die hochgeladene Mediendatei ist und bleibt illegal.
  • Derjenige, der die auf diese Weise öffentlich zugänglich gemachte Datei benutzt, um eine Privatkopie herzustellen, begeht aber nur dann einen Urheberechtsverstoß, wenn offensichtlich erkennbar war, dass die hochgeladene Vorlage illegal ist.
  • Dies ist bei YouTube-Videos nicht ohne weiteres anzunehmen, da es zwischen YouTube und zahlreichen Verwertungsgesellschaften Lizenzverträge gibt, die das Hochladen in gewissen Grenzen – meist gegen Entgelt – erlauben. Es müssen also konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die YouTube-Vorlage rechtswidrig ist.
  • Anzunehmen ist eine solche offensichtliche Rechtswidrigkeit etwa bei Kinofilmen, die auch noch in voller Länge und/oder zeitnah zur Premiere angeboten werden oder bei Tauschbörsen für Musik-oder Videodateien.
Liegen solche Anhaltspunkte nicht vor, so begeht derjenige, der die Privatkopie fertigt und auch nur privat für den Eigengebrauch nutzt, keinen Verstoß gegen das Urheberrecht.  

Dabei versteht sich fast von selbst, dass die Unterhaltungsindustrie und die Verwertungsgesellschaften dies anderes sehen. Befeuert wurde dies vor allem im vergangenen Jahr, als der bis dahin größte Stream-Ripping-Anbieter YouTube-mp3.org einen Vergleich mit Vertretern der Musikindustrie schloss und kurz darauf vom Netz ging.

Ripping-Dienst leistet nur Beihilfe

Problematisch ist allerdings, dass der Stream-Ripping-Dienst selbst keine Kopien fertigt. Der Dienstleister lädt weder die Quell-oder Vorlagendatei auf YouTube hoch noch veranlasst er die Herstellung der Kopie. Die Herstellung der Audio-Datei steuert ausschließlich der Nutzer – allerdings mit Hilfe des Ripping-Dienstes, sozusagen als Werkzeug. Somit kann der Ripping-Dienstleister allenfalls Beihilfe für eine Urheberrechtsverletzung leisten.

Wie es weitergeht

Die Frage ist nun, ob das dänische Urteil das Potenzial zu einem internationalen Präzedenzfall hat. Hat man bislang in Sachen Stream-Ripping mehr die einzelnen Nutzer im Visier, so rückt die dänische Entscheidung nun die Ripping-Angebote selbst in den Mittelpunkt.

Deswegen liegen die Rechteinhaber wohl nicht völlig falsch, wenn sie im Hinblick auf das dänische Urteil von einem historischen Gewinn sprechen. Zumindest dürfen sie auf eine Signalwirkung der Entscheidung hoffen, so dass die deutsche Privatkopie-Lösung auf den EU-Prüfstand kommen könnte.

Quelle: PM der Interessenorganisation RettighedsAlliancen vom 06.07.2018

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(ESV/ma, bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht