Süselbeck: „Trump tritt weiter als Alleinunterhalter einer Welt im Schockzustand auf“
Hochmut und Zorn
Der erste Halbjahresband des Jahres 2018 rekurriert mit Jan Süselbecks Aufsatz „Hochmut und Zorn: Donald Trumps Affektpolitik“ auf ein Thema, dessen Brisanz weit über die Grenzen der amerikanistischen Kulturwissenschaft hinausreicht. Darin führt er die Besorgnis über die globalen Auswirkungen der kaum berechenbaren Politik Donald Trumps nicht allein auf seinen affektgeleiteten, hauptsächlich via Twitter geführten Aktionismus zurück, sondern auch auf eine neue Dehnbarkeit der einst klar getrennten Begrifflichkeiten „wahr/falsch“. Die Rede von „fake news“ und „alternative facts“ ist das Kennzeichen einer emotionalisierten und emotionalisierenden Sprache und Politik.Lüge als Weltordnung
„Das Resultat“, so Süselbeck, „ist ein perpetuierter öffentlicher Erregungszustand, in dem die Gesetze der Logik und die überprüfbaren Wahrheiten immer weiter außer Kraft gesetzt und die Grenzen des Sagbaren verschoben werden. Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht: […] Die reaktionäre Medienblase, in der Trump sich bewegt, hat vielmehr längst eine alternative Wahrheit konstruiert, die große Teile der US-Gesellschaft als solche vorbehaltlos akzeptiert haben.“Lange Tradition
Süselbeck beschreibt, dass diese affektgeleitete Rhetorik mit ihrem Trend zu nationalistischen Tendenzen auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Sie feiert neuerdings nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, u. a. durch das Erstarken nationalistischer Parteien, fröhliche Urständ. Mit Verweisen auf Abhandlungen von Theodor W. Adorno und Hanna Ahrendt zeigt er auf, dass sich hinter dem Phänomen Donald Trump und seinem Leitsatz „America first“ mehr verbirgt als eine medienwirksame Unterhaltungsstrategie, nämlich das Versprechen einer überschaubaren, ethnisch homogenen Gesellschaft angesichts der Zumutungen einer komplexen und inhomogenen Welt.Für mehr Informationen zu diesem Thema lesen Sie den Beitrag von Jan Süselbeck im aktuellen Band der Zeitschrift Archiv.
Zum Autor |
Jan Süselbeck ist ein deutscher Literaturwissenschaftler und Hochschullehrer. Er ist Privatdozent am Institut für Neuere deutsche Literatur der Philipps-Universität Marburg, seit 2005 Redaktionsleiter der Zeitschrift literaturkritik.de und seit 2015 Professor für Germanistik an der University of Calgary, Alberta, Kanada. |
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(ESV/lp)
Programmbereich: Anglistik und Amerikanistik