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BGH: Die streitgegenständlichen Plakate erwecken nicht den Eindruck, dass Tina Turner an der Show mitwirkt (Foto: nmann77 / stock.adobe.com)
Nutzung von Bildnissen in der Werbung

Tina Turner unterliegt vor BGH im Streit um Plakatwerbung mit Doppelgängerin

ESV-Redaktion Recht
24.02.2022
Darf die Veranstalterin für eine Tribute-Show, in der zahlreiche Songs einer weltberühmten Starsängerin gespielt werden, mit einem Poster werben, das eine Doppelgängerin abbildet? Nachdem das OLG Köln diese Frage in zweiter Instanz bejaht hatte, musste nun der BGH hierüber entscheiden.
Geklagt hatte die Rock-Pop-Ikone Tina Turner. Der beklagte Veranstalter produziert die Tribute -Showl „Simply The Best – Die Tina Turner Story“. Die Starsängerin wird in der Show von der jungen Sängerin Coco Fletcher gespielt.

Die Beklagte warb für ihre Show mit Plakaten. Diese bildeten zwar Coco Fletcher ab, bezogen sich aber auch auf Tina Turner. Aufgrund der Ähnlichkeit zwischen den beiden Sängerinnen, glaubt der Betrachter nach Auffassung der Klägerin daher, dass die weltberühmte Rocksängerin selbst wiedergegeben wird. Diese hatte aber niemals in die Nutzung ihres Bildnisses oder ihres Namens eingewilligt. Deshalb verlangte sie von der Show-Veranstalterin die Unterlassung dieser Werbung.
 
Die Ausgangsinstanz – das LG Köln – gab der Klage statt. Die Berufungsinstanz – das OLG Köln – hat die Klage hingegen abgewiesen. Demnach hat die Klägerin keine Unterlassungsansprüche gegen die Veranstalterin.
 

OLG Köln: Nutzung von Namen und Bildnis gerechtfertigt

Nach Auffassung des OLG Köln ist die Nutzung des Bildnisses nicht unrechtmäßig. Dabei stützte sich das OLG im Wesentlichen auf Normen des Kunsturhebergesetzes (KUG), auf die Kunstfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Zudem erwog es datenschutzrechtliche- und namensrechtliche Aspekte. Die einzelnen Überlegungen der Berufungsinstanz:
 
  • Bildnis im Sinne von § 22 Satz 1 KUG liegt vor: Zwar geben die Plakate keine Abbilder von Tina Turner, sondern die ihrer Doppelgängerin wieder. Dem OLG Köln zufolge reicht es insoweit aber aus, wenn der Eindruck hervorgerufen werden soll, dass die berühmte Sängerin abgebildet wird.
  • Aber Zulässigkeit des Bildnisses nach § 23 Absatz 1 Nr. 4 KUG: Die Nutzung des Bildnisses ist aber nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG zulässig. Es wurde nämlich nicht auf Bestellung der Klägerin angefertigt. Zudem liegt dessen Verbreitung oder Schaustellung im höheren Interesse der Kunst, so die Kölner OLG-Richter hierzu.
  • Zulässigkeit auch nach § 23 Absatz 1 KUG: Daneben ergibt sich dem OLG zufolge die Zulässigkeit der Bildnisveröffentlichung noch aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, weil die Bildnisse zur Zeitgeschichte gehören.
  • Keine Verletzung von berechtigten Interessen: Auch wird nach Auffassung der Berufungsinstanz kein berechtigtes Interesse der Klägerin nach § 23 Abs. 2 KUG verletzt.
  • Show aufgrund der Kunstfreiheit geschützt: Auch die Show der Beklagten selbst genießt den Schutz der Kunstfreiheit nach Art. 5 Absatz 3 GG. Dies, so das OLG Köln weiter, gelte damit auch für die Plakate als Werbemittel. Die Freiheit der Kunst hat den weiteren Ausführungen des OLG zufolge den Vorrang vor dem Recht am eigenen Bild der Klägerin, weil zum Beispiel keine unwahren Aussagen über eine Beteiligung der Klägerin an der Show zu finden sind.
  • Kein Unterlassungsanspruch aus Datenschutzrecht: Auch aus datenschutzrechtlichen Erwägungen kann die Klägerin keinen Unterlassungsanspruch herleiten. Zwar sieht das OLG die Abbildungen der Doppelgängerin der Klägerin als personenbezogene Daten an, weil diese auf die Klägerin als identifizierbare Person hindeuten. Bei der Abwägung nach Art. 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe f der DS-GVO kamen die Kölner Berufungsrichter dann zum selben Ergebnis wie bei den Vorschriften zum KUG.
  • Auch Ansprüche aus § 12 BGB scheiden aus: Schließlich sah das OLG Köln auch keinen Unterlassungsanspruch wegen der Benutzung ihres Namens. Neben den Zweifeln über die Anwendbarkeit dieser Norm sah das Gericht auch keine Zuordnungsverwirrung.
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BGH: Plakate enthalten keine unwahre Tatsachenbehauptung

Der I. Zivilsenat des BGH schloss sich den Überlegungen des OLG Köln an und hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Demnach kann sich der beklagte Veranstalter auf die Kunstfreiheit berufen, die nach Senatsauffassung schwerer wiegt als das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Zwar vermittelt das Plakat dem Senat zufolge in der Tat den Eindruck, dass es Tina Turner abbildet. Dies ist nach Senatsauffassung aber nach dem KUG noch erlaubt. Entscheidend stellte der Senat aber darauf ab, dass die Werbung nicht vorspiegeln darf, Tina Turner würde tatsächlich an der Show mitwirken. Eine solche unwahre Tatsachenbehauptung konnten die Karlsruher Richter den Werbeplakaten aber nicht entnehmen, so dass die Revision der Pop-Ikone keinen Erfolg hatte.

Quelle: PM des BGH vom 04.11.2021 zur Entscheidung vom selben Tag – I ZR 2/21
 


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Zu den relevanten Rechtsnormen: § 22 und 23 KUG - Art. 5 GG, § 12 GG - Art. 6 DSGVO

(ESV/bp)

Programmbereich: Wirtschaftsrecht