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Der Übergang zum Halbeinkünfteverfahren beschäftigt noch immer die Gerichte (Photo: blickwinkel2511 / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung

Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im JStG 2008 mit dem Grundgesetz teilweise unvereinbar

ESV-Redaktion Steuern
10.03.2023
Der Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht sorgt auch nach mehr als 20 Jahren immer noch für Gesprächsstoff. Mit dem am 9. März 2023 veröffentlichten Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts nun entschieden, dass § 38 Abs. 5 und 6 in Verbindung mit § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 (JStG 2008) mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG  nicht vereinbar ist.

Vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren

Die vom BVerfG zu beurteilende Regelung ist Teil der Übergangsvorschriften für den Systemwechsel vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren.

Im Anrechnungsverfahren wurde das sog. verwendbare Eigenkapital einer Gesellschaft entsprechend seiner Vorbelastung mit Körperschaftsteuer in verschiedene „Eigenkapitaltöpfe“ (z. B. EK 40, EK 45) gegliedert. Dabei wurden steuerfreie Vermögensmehrungen unter anderem im sog. EK 02 erfasst. Wurde dieses Eigenkapitals dann tatsächlich ausgeschüttet, wurde es bei Verlassen der steuerbefreiten Sphäre auf der Ebene der Körperschaft mit (zuletzt) 30 % nachbelastet. Beim Anteilseigner unterfiel die Ausschüttung – unter Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer – dessen individuellem Einkommensteuersatz. Unter dem Halbeinkünfteverfahren erfolgt bei Ausschüttung keine Nachbelastung der von der Körperschaft steuerfrei erwirtschafteten Gewinne; beim Anteilseigner unterliegt die Ausschüttung nur zur Hälfte (bzw. seit 2009 zu 60 %) der Einkommensteuer.

Übergangszeitraum und Neuregelung

Die Übergangsregelung sah in ihrer ursprünglichen Fassung eine Dauer von 15 Jahren vor (Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (StSenkG)). Demzufolge sollte das alte EK 02 nur noch bis zu dem später auf 18 Jahre erweiterten Übergangszeitraums im Falle seiner Ausschüttung mit 30 % nachbelastet werden. Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde mit § 38 Abs. 5 und 6 KStG stattdessen jedoch eine pauschale und damit ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des noch vorhandenen EK 02 mit 3 % Körperschaftsteuer eingeführt. Dabei sah § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG (in der Fassung des JStG 2008) vor, dass sich bestimmte Unternehmen aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft und steuerbefreite Körperschaften auf Antrag unter Fortgeltung der bisherigen Rechtslage von der Anwendung dieser Regelung befreien lassen konnten. Diese Bestimmung hatte nun zur Konsequenz, dass es für bestimmte Unternehmen nur im Falle einer Ausschüttung während des 18-jährigen Übergangszeitraums zu einer Nachbelastung des EK 02 kommt, während der EK 02-Bestand anderer Körperschaften jedenfalls und unabhängig von einer Ausschüttung gemäß § 38 Abs. 5 und 6 KStG nachbelastet wird.

Möglicher Grundrechtsverstoß?

Das BVerfG stellt zunächst fest, dass die ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des EK 02 durch § 38 Abs. 5 und 6 KStG für sich genommen zunächst sowohl mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist als auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt oder dem Schutz des Eigentums und der allgemeinen Handlungsfreiheit zuwiderläuft. Sie verstößt jedoch in Verbindung mit dem in § 34 Abs. 16 Satz 1 KStG vorgesehenen Antragswahlrecht bestimmter Körperschaften gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Ausnahmeregelung bewirkt eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von Körperschaften, die nicht gerechtfertigt ist.

Quelle: Beschluss des BVerfG vom 7. Dezember 2022 - 2 BvR 988/16 (veröffentlicht am 9. März 2023)

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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht