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Laut dem Bundesdatenschutzbeauftragten, Ulrich Kelber, ist die Handy-Ortung über GPS-Daten zu ungenau (Foto: carballo / stock.adobe.com)
Einschränkung des Bewegungsradius aufgrund von Corona

Überwachung der neuen 15-Kilometer-Regel über Handy?

ESV-Redaktion Recht
13.01.2021
Die neue 15-Kilometer-Regel, die mittlerweile in zahlreichen Bundesländern gilt, hat unter anderem eine öffentliche Debatte darüber entfacht, ob Verstöße über den Abgriff von Handydaten nachzuweisen wären. Die ESV-Redaktion nimmt dies zum Anlass, den Meinungsstand und die aktuelle Situation der Umsetzung in den einzelnen Ländern zu skizzieren.
Die neue Regel – mit der ein ganz erheblicher Grundrechtseingriff verbunden ist – haben einige Länder inzwischen umgesetzt – allerdings zum Teil mit nicht unerheblichen Abweichungen. Darüber hinaus wird die Praktikabilität von vielen Kritikern als problematisch angesehen. Dies hat zu einer öffentlichen Debatte darüber geführt, ob Verstöße auch über die Auswertung von Handydaten nachzuweisen wären.  


Bewegungsprofile aus Handydaten?


Uwe Brandl: Gesundheitsschutz vor Datenschutz


Für einen Aufschrei sorgte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl, der sich auch das „Nutzen von Handydaten“ vorstellen kann. Demnach sollen Bewegungsprofile aus Handydaten erstellt werden, um feststellen zu können, wo sich die Menschen aufhalten. Im Rahmen seiner Abwägung sieht er den Datenschutz gegenüber dem Gesundheitsschutz als nachrangig an und forderte gegenüber „Bayerischen Rundfunk“ mehr Mut.
 
Ulrich Kelber: GPS-Daten, Funkzellenabfragen oder Corona-Warn-App ungeeignet

Zu den prominentesten Kritikern einer solchen Befugnis gehört der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber. Ihm zufolge können GPS-Daten nicht einmal zwischen einer Tiefgarage und dem vierten Stock eines Hauses unterscheiden. Ebenso wenig können Funkzellenabfragen zuverlässig ermitteln, in welcher Straße eine Person gewesen sei, so Kelber gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“. Auch die Corona-Warn-App sieht der Datenschützer als technisch ungeeignet zur Überwachung der 15-Kilometer-Regel an. Darüber hinaus befürchtet er einen Vertrauensschwund bei der App.

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Rechtliches Neuland

Schon die Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer ist ein sehr schwerer Grundrechtseingriff. Dies gilt erst Recht für eine Handyüberwachung und die Erstellung von Bewegungsprofilen. Eine Generalüberwachung kann, wenn überhaupt, nur ultima ratio sein. Daher wären vor allem an Überwachungsregelungen hohe Anforderungen zu stellen.

Demgegenüber scheint der Nutzen der Bewegungseinschränkung eher begrenzt zu sein. Zumindest sind an dessen Nachweis hohe Anforderungen zu stellen. Eine typisierende Betrachtungsweise wird hierfür kaum ausreichen. Letzlich wird auch der weitere Verlauf der Pandemie bei der Abwägung der sich gegenüberstehnden Interessen entscheidend sein, so dass gerichtliche Entscheidungen hierüber nicht statisch sein müssen. Keine einfache Aufgabe für die zu erwartendende Rechtsprechung, die zum Teil völlig neue Lösungen suchen muss.

Die jeweilige Situation in den Ländern

Einige Bundesländer lehnen die Umsetzung der 15-Kilometer-Regel ganz ab - vor allem wegen mangelnder Praktikablilität. Aber auch die Länder, die die Regelung umgesetzt haben, taten dies nicht einheitlich. Hier einige ganz wesentliche Unterschiede: 

  • Stadtgrenze oder Wohnsitz als Messpunkte? Einer der wichtigsten Unterschiede ist die Frage, welche Ausgangsposition für die Messung des Bewegungsradius gelten soll. Der Bund-Länder-Beschluss vom 5. Januar 2021 sieht insoweit den Wohnort vor und meint damit die jeweiligen Stadt-, Kreis- oder Ortsgrenzen. Das heißt, dass man sich innerhalb des betreffenden Ortes ohne Begrenzung beliebig bewegen kann. Nur die Entfernung von der Stadt- oder Ortsgrenze von mehr als 15 Kilometer ist dann eine Ordnungswidrigkeit. Einige Länder messen aber von der konkreten Position der Wohnsitzadresse aus. Dies kann den erlaubten Bewegungsradius erheblich in einschränken oder erweitern.
  • Was ist verboten? Nur tagestouistische Ausflüge oder jegliche Überschreitung des 15-Kilometer-Radius? Zum Teil schränken die Länder nicht nur tagestouristische Ausflüge ein, wie etwa in Bayern oder Hessen. Oft soll grundsätzlich aber jede Bewegung außerhalb eines Radius von 15 Kilometern grundsätzlich verboten sein, so etwa in Brandenburg oder Niedersachsen. Allerdings gibt es in jedem Bundesland unterschiedlich weitreichende Ausnahmen. 
Das Verbot, sich nur 15-Kilometer um seinen Wohnort oder seine Wohnung bewegen zu dürfen, gilt erst, wenn die jweilige 7-Tage-Inzidenz in der jeweiligen Stadt, dem Wohnsitz oder dem Landkreis den Wert von 200 Personen auf 100.00 Einwohner überschreitet.


Rechtsprechung hierzu

28.01.2021
BayVGH: 15-Kilometer-Regel für Corona-Hotspots in Bayern zu unbestimmt – Einreisesperre zulässig
Die 15-Kilometer-Regel, die den Bewegungsradius der Bürger in Corona-Hotspots einschränkt, beschäftigt die Gerichte weiter. Für Brandenburg wurde die entsprechende Regelung gerichtlich bestätigt, während sich die Verwaltungsgerichte in Hessen bisher nicht einig sind. Nun hat das oberste Verwaltungsgericht in Bayern die dortige Vorschrift gekippt. mehr …


Auch interessant 07.01.2021
Rechtliche Aspekte bei der Beschränkung des Bewegungsradius
Die Bund-Länder-Runde hat sich im Rahmen ihres ersten virtuellen Treffens am 5. Januar 2021 unter anderem zunächst auf die Verlängerung der coronabedingten Einschränkungen bis zum 31. Januar dieses Jahres verständigt. Neu hinzugekommen ist vor allem der eingeschränkte Bewegungsradius auf 15 Kilometer im Zusammenhang mit Corona-Hot-Spots. Dies bereitet rechtlich allerdings einige Schwierigkeiten. mehr …


Ein neues Rechtsgebiet blüht auf

Datenrecht in der Digitalisierung

Internet der Dinge, Big Data, Künstliche Intelligenz, Blockchain, Clouds, internationale Datentransfers: Der rechtliche Umgang mit Daten im digitalen Zeitalter zählt zu den facettenreichsten Herausforderungen unserer Generation. Das innovative Praxisbuch adressiert die aktuell drängendsten neuen Rechtsfragen im Kontext der digitalen, global vernetzten Geschäfts- und Alltagswelt, wie etwa:

  • Datenschutz im Zukunfts-Check – z. B. zum Status und Grenzen von DSGVO und ePrivacy-VO, dem Umgang mit Virtual Reality, Automatisierung oder im Onlinemarketing
  • Herausforderungen datensensibler Praxisbereiche – z. B. zu Vermögensrechten an Daten, Rechtspositionen in EU/USA/China, vertragsrechtlichen Vorgaben für die Weitergabe und Nutzung von Daten
  • Neue Haftungsfragen – z. B. mit Blick auf Gesundheitsdaten oder autonomes Fahren
  • Kommunikation und Psychologie – z. B. zum Privacy Paradox als Widerspruch zwischen Wahrnehmung (Sorge um Privatsphäre) und Verhalten (sorglose Datenpreisgabe) oder zuinnovativer Informationsvisualisierung
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(ESV/bp)

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