Unangemessen lange Gerichtsverfahren können Entschädigungsansprüche auslösen
Welches Gericht ist zuständig?
Im Wortlaut: § 201 Absatz 1 GVG |
(1) Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen ein Land ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das streitgegenständliche Verfahren durchgeführt wurde. Zuständig für die Klage auf Entschädigung gegen den Bund ist der Bundesgerichtshof. Diese Zuständigkeiten sind ausschließliche.
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Im Wortlaut: § 202 Absatz 1 Satz 2 SGG
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(1) (…) Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt (…).
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Wie lange darf ein sozialgerichtliches Verfahren dauern?
12 Monate Bedenkzeit grundsätzlich angemessen
Verhalten des Klägers kann Verfahrensdauer beeinflussen
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In seinem Urteil vom 16.03.2017 - L 37 SF 139/14 EK AS - hat das LSG Berlin-Brandenburg eine 18-monatige Vorbereitungs- und Bedenkzeit pro Instanz für angemessen erachtet. Dabei ist das LSG von einer intensiven Inanspruchnahme der Gerichte durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers ausgegangen und hat die Klage abgewiesen.
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In einem Urteil vom 25.05.2016 - L 38 SF 364/15 EK AS - hat das LSG dem Kläger sogar querulatorische Aktivitäten im Ausgangsverfahren vorgehalten und die Klage ebenfalls abgewiesen.
Einen Monat zusätzliche Bedenkzeit pro Schriftsatz
Rechtzeitige Verzögerungsrüge
Im Wortlaut: § 198 GVG |
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (...). (3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge) ... |
Auch Entschädigungsverfahren kann zu lange dauern
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Verzögert sich das Entschädigungsverfahren selbst unangemessen lange, kann auch dieses Gegenstand eines weiteren Entschädigungsverfahrens sein. Zuständig wird in diesem Fall aber nicht das BSG, wie man vermuten könnte. Vielmehr muss dann ein anderer Senat des selben LSG entscheiden.
- Zweifel an der Zuständigkeit und an der Person des richtigen Beklagten kann es in diesem Fall geben, wenn ein LSG für mehrere Bundesländer entscheidet. So hat zum Beispiel das gemeinsame LSG für Berlin-Brandenburg seinen Sitz in Brandenburg. Damit kann für die Person des richtigen Beklagten das Sitzprinzips in Betracht kommen.
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Nach Auffassung des 38. Senats des LSG Brandenburg-Berlin ist aber auch hier das Land des Ausgangsverfahrens der richtige Beklagte. So hat jedenfalls der Senat mit Urteil vom 22.04.2015 – AZ: L 38 SF 267/14 EK VH - entschieden. Ausgangsverfahren war hier ein Entschädigungsverfahren, das der 37. Senat durchgeführt hat. Dieser ist im Regelfall für solche Verfahren zuständig. Zum Teil wird auch die Meinung vertreten, dass beide Länder gemeinsam zu verklagen sind.
Wie erfolgreich sind Entschädigungsverfahren in Berlin-Brandenburg?
Zahlen aus dem Bürgerservice Berlin-Brandenburg
Zieht man den Bürgerservice Berlin-Brandenburg zu Rate, ergibt sich folgendes Bild:-
Etwa 40 Verfahren: Danach haben vor dem LSG Brandenburg-Berlin im Zeitraum von 29.02.2012 bis zum 08.05.2017 etwa 40 Verfahren stattgefunden, die eine „unangemessene Verfahrensdauer” zum Gegenstand hatten. Teilweise wurden in einzelnen Entschädigungsverfahren mehrere Ausgangsverfahren zusammenfasst.
- Nur ca. 10 Verfahren waren erfolgreich
- Die Gesamtentschädigungssumme beträgt rund 36.000 Euro.
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Die höchste im Einzelfall zugesprochene Entschädigungssumme belief sich auf 17.350 Euro.
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(ESV/bp)
Programmbereich: Sozialrecht und Sozialversicherung