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Hat lange Jahre das HRG betreut: Projektleiterin Sabine Valipour (Foto: privat)
Innenansicht: Sabine Valipour

Valipour: „Ein unendliches Werk mit glänzender digitaler Zukunft“

ESV-Redaktion Philologie
29.05.2017
Umfangreiche Projekte wie das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte brauchen, natürlich neben Herausgebern und Autoren, eine Koordinationsstelle im herausgebenden Verlag. Die langjährige HRG-Projektmanagerin Sabine Valipour im ESV-Interview.

Wir haben mit Sabine Valipour, die Anfang 2017 in den Ruhestand ging, über ihre Erfahrungen in dieser Position und über das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG) im allgemeinen gesprochen.

Frau Valipour, die zweite Auflage des Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte seit 2004 haben Sie von Anfang an von Verlagsseite aus betreut, ebenso wie die letzten Lieferungen der ersten Auflage. Da haben Sie sicherlich viel erlebt, Sie saßen ja an der Schnittstelle zwischen Autoren, Verlag und Herausgebern. Was waren die häufigsten Ausreden der Autoren für überzogene Abgabetermine?

Sabine Valipour: Autoren sind ja sehr unterschiedliche Menschen und man muss immer berücksichtigen, dass sie hauptberuflich andere, oft sehr zeitintensive Aufgaben haben. Manche entschuldigen sich bereits, wenn sie ihren Artikel nur einen Tag nach dem vertraglich vereinbarten Termin abgeben und vom Verlag noch gar nicht an die Abgabe erinnert wurden. Andere wiederum reagieren zunächst überhaupt nicht auf Erinnerungen und Mahnungen und wollen dann auf den letzten Drücker eine Terminverlängerung, weil gerade Prüfungszeit ist. Plötzlich anstehende Arbeiten sind neben der starken Erkältung die häufigste „Ausrede“. Tatsächlich bemühen sich aber die meisten Autoren um Pünktlichkeit und melden sich rechtzeitig, wenn sie merken, dass sie den geplanten Termin nicht einhalten können.

Was ist wohl die wichtigste Eigenschaft, die man als Projektleitung für ein Unterfangen wie das HRG mitbringen muss?

Sabine Valipour: Starke Nerven und Durchsetzungsvermögen! Als Projektleiter ist man Mittler zwischen Herausgebern, Autoren, Redakteuren, Herstellern und Kunden. Man muss die Bedürfnisse aller im Auge haben und dennoch termingenau arbeiten. Bei einem so großen und langfristigen Werk – das HRG wird ja, wenn alles wie geplant erscheint, erst 2028 abgeschlossen werden – ist pünktliches Erscheinen unverzichtbar. Kein Abonnent verpflichtet sich auf so lange Zeit, wenn er merkt, es läuft alles schleppend. An einer einzigen Lieferung sind jedoch durchschnittlich 70 Autoren beteiligt. Um alle rechtzeitig unter einen Hut zu bekommen, muss man sehr organisiert sein, gut planen und den Plan dann auch durchsetzen. Mit letzterem macht man sich natürlich nicht nur Freunde, aber als Projektleiter ist man nun mal zuerst dem Projekt verpflichtet.

Es braucht sicherlich eine Weile, sich in der sprachlichen Welt der Rechtsgeschichte zurecht zu finden: Welche Stichwörter sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben, weil Ihnen diese vorher noch nie zu Ohren gekommen waren?

Sabine Valipour: Oh ja, es gab bis zum Schluss Stichwörter, mit denen ich als studierte Wissenschaftsjournalistin nicht so viel anfangen konnte. Aber ich habe auch sehr viel gelernt. Nicht nur über Rechtssprache und Recht, sondern auch über deutsche Geschichte allgemein. Wenn man sich beispielsweise alle Stichwörter ansieht, die unter dem Schlagwort „Reformation“ zusammengefasst sind, so erfährt man neben dem Rechtsgeschichtlichen auch sehr viel über die Hintergründe der Reformation, über wichtige Ereignisse und Orte jener Zeit, über einzelne Reformatoren und ihre Zeitgenossen. In Erinnerung blieben mir übrigens weniger die Stichwörter, von denen ich zuvor noch nie gehört hatte, als jene, die ich nicht mit Rechtsgeschichte in Zusammenhang gebracht hätte, z.B. „Aller guten Dinge sind drei.“ oder „Linde“.

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Was wünschen Sie sich für das HRG und wo sehen Sie das Handwörterbuch in 10 oder 20 Jahren?

Sabine Valipour: Ich halte das HRG für ein bedeutendes grundlegendes Geschichtswerk mit rechtlichem Schwerpunkt, das noch vielen Generationen unterschiedlicher Fachwissenschaftler und interessierter Laien von Nutzen sein wird. Spätestens wenn alle etwa 6.000 Stichwörter vorliegen, wird es eine komplett neue und moderne digitale Fassung geben, an der dann weitergearbeitet wird. Ich sehe ein Herausgebergremium und Redaktionen, die die schrittweise Aktualisierung begleiten werden, sowie eine Projektleitung, die alles organisiert und überwacht.

Alle Artikel werden mit einem Bearbeitungsdatum und einer Autoren- und Bearbeiterliste versehen. Man wird sie eventuell mit Abbildungen, Graphiken und Tabellen ergänzen und vielleicht mit anderen Datenbanken wie dem „Deutschen Rechtswörterbuch“ verknüpfen. Und da nicht jeden Nutzer alles interessiert, wird man sich neben Einzeldokumenten nach Schlagwörtern sortierte Themenpakete bestellen können. – Ja, so ist meine Vorstellung: Ich sehe ein unendliches Werk mit glänzender digitaler Zukunft.

Print und digital: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte
Das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, erstmals 1964 erschienen, ist ein Standardwerk und liegt inzwischen in 2. Auflage bis zum Stichwort „Osmanisches Reich“ vor. Es wird herausgegeben von Prof. Dr. Albrecht Cordes, Prof. Dr. Hans-Peter Haferkamp, Prof. Dr. Heiner Lück und Prof. Dr. Dieter Werkmüller sowie Prof. Dr. Christa Bertelsmeier-Kierst als philologischer Beraterin.

Die 25. Lieferung des HRG ist gerade erschienen und kann hier bestellt werden. Digital ist das HRG als Datenbank abrufbar: www.hrgdigital.de

Zur Person
Sabine Valipour studierte Wissenschaftsjournalismus in Leipzig. Sie arbeitete u. a. beim Verlag Volk und Wissen, beim Springer-Verlag Wien und zuletzt fast 30 Jahre beim Erich Schmidt Verlag.

(ESV/vh)

Programmbereich: Rechtsgeschichte