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Die Vorgaben für Betriebsprüfungen sollen geändert werden (Foto:: Stockpics / stock.adobe.com)
Neues aus der Rechtsetzung

Verfahrensrechtliche Änderungen für Außenprüfungen geplant

ESV-Redaktion Steuern
20.10.2022
Das Bundeskabinett hat am 24. August 2022 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der DAC 7-Richtlinie beschlossen, welcher auch verfahrensrechtliche Änderungen im Bereich der steuerlichen Außenprüfung betrifft. Der Bundestag hat am 21. September 2022 den Gesetzentwurf in erster Lesung beraten und zur weiteren Beratung an die Ausschüsse verwiesen.

Problemstellung

Problematisch für die Finanzbehörden der EU-Mitgliedstaaten war bisher, auch Einkünfte der Besteuerung zu unterwerfen, die mittels ausländischer digitaler Plattformen erzielt werden. Daher wurde die EU-Amtshilferichtlinie um entsprechende Mitteilungspflichten der Plattformbetreiber und einen diesbezüglichen Informationsaustausch der Finanzbehörden ergänzt (vgl. Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (ABl. EU 2021 Nr. L 104 S. 1 – „DAC7“). Betreiber solcher digitaler Plattformen sollen durch das neue Plattformentransparenzgesetz (PStTG) zu einer Meldung an die Finanzbehörden über Einkünfte verpflichtet werden, die von Anbietern auf diesen Plattformen erzielt wurden. Gleichzeitig soll ein automatischer Austausch von Informationen zu Anbietern, die in anderen Mitgliedstaaten der EU steuerlich ansässig sind, eingeführt werden.

Von wesentlicher Bedeutung sind die geplanten gesetzlichen Neuerungen zur Verbesserung der Kooperation zwischen Finanzverwaltung und Unternehmen. Diese beziehen sich auf für nicht kooperative Steuerpflichtige erweiterte Mitwirkungspflichten, aber auch auf ein verändertes Verhalten der Finanzverwaltung durch zeitnähere Bekanntgabe von Prüfungsanordnungen, zügigere Abwicklung von Betriebsprüfungen, Benennung von Prüfungsschwerpunkten und Führung von Zwischengesprächen.

Im Einzelnen ist geplant:

1. Begrenzung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist (§ 171 Abs. 4 AO-E)

§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO-E sieht nunmehr vor, dass die an den Beginn einer Außenprüfung anknüpfende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO-E spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs endet, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde. Damit wird die bislang fehlende zeitliche Begrenzung aufgehoben.

Weiter sieht die Neufassung eine Verlängerung der Ablaufhemmung bei Verschiebungen oder Unterbrechungen der Außenprüfung vor, sofern diese durch den Steuerpflichtigen veranlasst sind. Änderungen ergeben sich auch bei der Inanspruchnahme von Amtshilfe und bei Einleitung von Steuerstrafverfahren.

Die Neufassung von § 171 Abs. 4 AO-E soll erstmals für Steuern und Steuervergütungen, die nach dem 31.12.2024 entstehen und auch für gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen gelten.

2. Bekanntgabe der Prüfungsanordnung (§ 197 AO-E)

In § 197 Abs. 3 AO-E soll neu festgelegt werden, dass mit der Prüfungsanordnung künftig die Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist verlangt werden kann, ggfs. sind diese in einem maschinell auswertbaren Format an die Finanzbehörde zu übertragen. Nach Vorlage der angeforderten Unterlagen werden nach der geplanten Neuregelung in § 197 Abs. 4 AO-E die beabsichtigten Prüfungsschwerpunkte der Außenprüfung mitgeteilt; dies bewirkt aber keine Einschränkung der Außenprüfung auf bestimmte Sachverhalte.

Weitere Neuerungen betreffen den Zeitpunkt, wann eine Prüfungsanordnung erlassen werden soll.

Die Änderungen sollen bereits für alle ab 1.1.2023 anhängigen Verfahren gelten.

3. Vereinbarung von Rahmenbedingungen der Mitwirkung des Steuerpflichtigen (§ 199 AO-E)

§ 199 Abs. 2 Satz 2 AO-E soll den Finanzbehörden gestatten, mit dem Steuerpflichtigen zu vereinbaren, in regelmäßigen Abständen Gespräche über die im Rahmen der Außenprüfung festgestellten Sachverhalte und deren mögliche steuerliche Auswirkungen zu führen. Darüber hinaus sollen im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen Rahmenbedingungen für dessen Mitwirkung nach § 200 AO bestimmt werden können. Bei Erfüllung dieser Rahmenbedingungen soll ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a AO-E ausgeschlossen sein.

Die erstmalige Anwendung ist für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2024 beginnen, vorgesehen.

4. Qualifiziertes Mitwirkungsverlangen und Verzögerungsgeld (§ 200a AO-E)

Mit § 200a AO-E wird ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen im Rahmen von Außenprüfungen neu eingeführt. Dies soll nur für Steuerpflichtige gelten, die ihren Mitwirkungspflichten nach § 200 AO nicht oder nicht hinreichend nachkommen. Folgen der Nichterfüllung eines Mitwirkungsverlangens sind die Verlängerung oder sogar Außer-Kraft-Setzung der Fünfjahresfrist der Ablaufhemmung, ein Mitwirkungsverzögerungsgeld, welches eine steuerliche Nebenleistung ist (§ 3 Abs. 4 Nr. 3a AO), auf das die Finanzverwaltung hinweisen muss, sowie ein Zuschlag zum Mitwirkungsverzögerungsgeld.

Die erstmalige Anwendung ist vorgesehen für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2024 beginnen.

5. Teilabschlussbescheid (§ 180 Abs. 1a AO-E)

Neu in die AO wird auch die Regelung eingeführt, dass im Rahmen einer Außenprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen durch einen Teilabschlussbescheid gesondert festgestellt werden können. Diese sollen nach § 182 AO Bindungswirkung für den Steuer- oder Feststellungsbescheid, soweit für diese von Bedeutung, haben. Sie sollen selbständig anfechtbar sein. Die darin getroffenen Entscheidungen können wegen § 351 Abs. 2 AO nur durch Anfechtung des Teilabschlussbescheids und nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden.

Die Neuregelung soll erstmalig für Besteuerungszeiträume, für die nach dem 31.12.2024 mit einer Außenprüfung nach § 193 AO begonnen wurde, anwendbar sein.

6. Teilprüfungsbericht (§ 202 Abs. 3 AO)

Nach § 202 Abs. 1 Satz 4 AO-E soll im Prüfungsbericht auf bereits ergangene Teilabschlussbescheide hingewiesen werden. Vor dem Erlass eines Teilabschlussbescheids nach § 180 Abs. 1a AO-E soll wiederum ein schriftlicher oder elektronischer Teilprüfungsbericht ergehen. So soll der Steuerpflichtige in die Lage versetzt werden, die Ergebnisse der durchgeführten Teilprüfung zu überprüfen.

Diese Bestimmung soll erstmalig für Besteuerungszeiträume, für die nach dem 31.12.2024 mit einer Außenprüfung nach § 193 AO begonnen wurde, zur Anwendung kommen.

7. Verbindliche Zusage (§ 204 Abs. 2 AO-E)

Soweit ein Teilabschussbescheid erlassen wurde, sollen verbindliche Zusagen auch bereits vor Abschluss der Außenprüfung erteilt werden können. Dies soll zur Rechtssicherheit für die Vergangenheit, aber auch mit Wirkung für die Zukunft beitragen. Die Erteilung der Zusage ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde und darf nur erteilt werden, wenn die Kenntnis der künftigen steuerrechtlichen Behandlung für die geschäftlichen Maßnahmen des Steuerpflichtigen von Bedeutung ist und der Steuerpflichtige ein besonderes Interesse an der Erteilung der Zusage vor Abschluss der Außenprüfung glaubhaft macht.

Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, kann eine verbindliche Zusage bzw. verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO erst nach Abschluss der gesamten Außenprüfung beantragt und erteilt werden.

Dies soll gelten für Besteuerungszeiträume, für die nach dem 31.12.2024 mit einer Außenprüfung nach § 193 AO begonnen wurde.

8. Vorlage von Aufzeichnungen (§ 90 Abs. 3 und 4 AO-E)

Die Modalitäten zur Vorlage der Aufzeichnungen sollen neu geregelt werden. Bei einer Außenprüfung sollen nun Aufzeichnungen zur Verrechnungspreisdokumentation ohne vorherige Aufforderung vorgelegt werden. Wie bisher bleiben Anforderungen auch außerhalb von Außenprüfungen möglich. Die Frist zur Vorlage soll künftig 30 Tage nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung betragen, aber in Einzelfällen verlängerbar sein.

Die Regelung gilt für erstmalig für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2024 beginnen.

9. weitere Änderungen

Es soll eine Kontenabrufmöglichkeit bei der EU-Amtshilfe (§ 93 Abs. 7 AO-E) geschaffen werden, dabei soll § 3a EU-Amtshilfegesetz den Abruf der von den Kreditinstituten vorgehaltenen Stammdaten i. S. des § 93b Abs. 1 AO ermöglichen. Der neue eingeführte § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4c AO-E soll den Kontenabruf nach den Regelungen Vorschriften der AO abbilden.

Die Möglichkeiten zur Verlagerung der Buchführung sollen über Änderungen in § 146 Abs. 2a und 2b AO-E deutlich erweitert werden. So soll es künftig erlaubt sein, elektronische Buchführungsunterlagen nicht nur in einen Mitgliedstaat der EU, sondern in mehrere Mitgliedstaaten verlagern zu können. Dabei soll die Nennung des Namens und der Anschrift des Betreibers bei einer solchen Verlagerung ausreichend sein. Gleichermaßen sollen elektronische Buchführungsunterlagen dann nicht nur in einen Drittstaat, sondern in mehrere Drittstaaten verlagert werden können.

Bei Rückverlagerungsverlangen der Finanzbehörde für Buchführungsunterlagen soll nicht mehr nach Deutschland rückverlagert werden müssen, sondern auch in einen oder mehrere Mitgliedstaaten der EU.

§ 153 AO verpflichtet den Steuerpflichtigen im Falle der Abgabe „unrichtiger“ Steuererklärungen und bei möglichen Steuerverkürzungen zur Anzeige und Berichtigung der entsprechenden Tatbestände. Diese Anzeige- und Berichtigungspflicht soll nach          § 153 Abs. 4 AO-E künftig auch dann gelten, wenn Prüfungsfeststellungen einer Außenprüfung unanfechtbar in einem Steuerbescheid, einem Feststellungsbescheid nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO oder einem Teilabschlussbescheid nach § 180 Abs. 1a AO-E gemündet haben und die für den Prüfungsfeststellungen zugrunde liegenden Sachverhalte auch in einer anderen vom oder für den Steuerpflichtigen abgegebenen Erklärung, die nicht Gegenstand der Außenprüfung war, zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt.

Grds. sind die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, Grundlage der Besteuerung. Nach § 158 Abs. 2 AO-E soll dies aber nicht gelten, soweit im Einzelfall Zweifel an der sachlichen Richtigkeit bestehen oder die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstellen des § 41 Abs. 1 Satz 7 EStG i. V. mit § 4 Abs. 2a LStDV, des § 146a AO i. V. mit der Kassensicherungsverordnung oder des § 147b AO i. V. mit der hiernach zu erlassenden Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden. Soweit also die von der Finanzverwaltung bestimmten digitalen Schnittstellen vom Steuerpflichtigen nicht zur Verfügung gestellt werden, soll künftig die Vermutung der sachlichen Richtigkeit der ordnungsgemäßen Buchführung nicht mehr gelten.

Bei Einsatz eines internen Kontrollsystems (IKS) soll eine befristete Erprobungsregelung eingeführt werden. In diesem Fall sollen die Finanzbehörden Prüfungserleichterungen für künftige Betriebsprüfungen zusagen können, wenn die laufende Betriebsprüfung des internen Kontrollsystems dessen Wirksamkeit bei der Einhaltung der steuerlichen Vorschriften bestätigt hat.

Quelle: Regierungsentwurf vom 19. September 2022

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(ESV/cmx)

 

Programmbereich: Steuerrecht