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VG Berlin: Gegenwärtige Fassung des Berliner Schulgesetzes benachteiligt Menschen mit Behinderung in verfassungswidriger Weise (Foto: JuanCi Studio / stock.adobe.com)
Corona und Schulen

VG Berlin: Auch Menschen mit besonderem Förderbedarf können das Schuljahr 2020/2021 wiederholen

ESV-Redaktion Recht
23.08.2021
Der Berliner Gesetzgeber hat im Frühjahr 2021 aufgrund von Corona schulrechtliche Sonderregelungen eingeführt. Demnach können Schüler verschiedener Schulstufen das Schuljahr 2020/2021 freiwillig wiederholen. Voraussetzung dafür ist ein verpflichtendes Beratungsgespräch mit der Schule und die Stellung eines Antrags. Ob diese Regelungen auch für Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf gelten, hatte nun das VG Berlin zu entscheiden.
In dem Streitfall hatte eine Schülerin mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich „Geistige Entwicklung“ einen Antrag auf freiwillige Wiederholung des Schuljahres nach § 129a Abs. 9 des Schulgesetzes Berlin gestellt. Nach dieser Norm wird die Wiederholung nicht auf die Dauer der allgemeinen Schulpflicht und die zulässige Anzahl an Wiederholungen oder Rücktritten angerechnet.

Die Antragstellerin absolvierte das Abschlussjahr 2020/2021 ihres sonderpädagogischen Bildungsgangs, der als zweijährige integrierte Berufsausbildungsvorbereitung ausgestaltet ist. Wegen der vermehrten Ausbreitung von Corona war der Unterricht und der Kontakt zu Werkstätten in diesem Bildungsgang stark eingeschränkt.


Antrag auf freiwillige Wiederholung des Schuljahres abgelehnt

Die Schulbehörde lehnte den Antrag ab. Die Begründung: Die sonderpädagogische Beschulung im Bereich „Geistige Entwicklung“ sei nicht in Jahrgangsstufen organisiert.

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VG Berlin: Keine Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung

Hiergegen wendete sich die Schülerin mit einem Eilantrag an das VG Berlin. Die 3. Kammer des VG hat dem Eilantrag stattgegeben. Danach darf die Antragstellerin die Abschlussstufe wegen des pandemiebedingten Unterrichtsausfalls im vergangenen Schuljahr vorläufig weiter besuchen. Die wesentlichen Überlegungen der Kammer:

  • Aktuelle Gesetzeslage benachteiligt Menschen mit Behinderung: § 129a des Berliner Schulgesetzes sieht in seiner gegenwärtigen Fassung tatsächlich keinen pandemiebedingten Ausgleich für sonderpädagogisch Förderberechtigte im Bereich „Geistige Entwicklung“ für 2020/2021 vor. Nach Ansicht des Gerichts benachteiligt diese Gesetzeslage die Betroffene aber rechtswidrig. Demnach liegt ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung vor. 
  • Keine Rechtfertigung mit organisatorischen Erwägungen: Eine solche Schlechterstellung kann auch nicht mit organisatorischen Erwägungen gerechtfertigt werden, so das VG Berlin weiter. Entscheidend für die Beurteilung, ob die Möglichkeit der Wiederholung des Schuljahres besteht, ist allein, ob die Lernziele der sonderpädagogischen Berufsausbildungsvorbereitung pandemiebedingt verfehlt können. Hiervon ist im Falle der Antragstellerin auszugehen, so die Berliner Richter abschließend.
Quelle: PM des VG Berlin vom 16.08.2021 zum Beschluss vom 13.08.2021 – VG 3 L 207/21


Corona im Rechtsstaat

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(ESV/mb/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht