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VG Berlin: Eine Infektionsgefahr kann, etwa bei Demonstrationen, auch im Freien bestehen, wenn die Mindestabstände nicht eingehalten werden (Foto: wellphoto / stock.adobe.vom)
Polizei-und Versammlungsrecht

VG Berlin: Platzverweis bei einer vermuteten Corona-Erkrankung rechtmäßig

ESV-Redaktion Recht
04.08.2022
Wann darf die Polizei gegen eine Person, die sich an einem belebten Ort aufhält, die aber mutmaßlich mit Corona infiziert ist, einen Platzverweis aussprechen? Hierüber hat das VG Berlin aktuell entschieden.
In dem Streitfall befand sich der Kläger am 25.09.2021 vormittags am Hardenbergplatz in Berlin. Er begleitet regelmäßig öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung in Berlin kritisch. Auch an dem benannten Tag waren Versammlungen geplant, die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zum Thema hatten. Aufgrund eines anonymen Hinweises und nach Erkenntnissen aus Internet-Informationen nahm die Polizei an, dass sich der Kläger einige Tage vorher auf einer Feier mit Corona angesteckt hatte. Aus diesem Grund sprach die Polizei gegen ihn  einen Platzverweis aus.
 
Daraufhin zog der Kläger vor das VG Berlin und beatragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen.

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VG Berlin: Infektionsgefahr auch im Freien

Die Klage hatte vor der 1. Kammer des BG Berlin keinen Erfolg. Nach Auffassung der Kammer ist der Platzverweis im Sinne von § 29 Absatz 1 Satz 1 ASOG Bln (siehe unten) rechtmäßig. Die tragenden Gründe des Gerichts:
 
  • Annahme einer Corona-Infektion nicht zu beanstanden: Die Polizei durfte aufgrund des anonymen Hinweises, ihrer Recherche im Internet und der Anzeichen für eine offenkundige Schwächung des Klägers annehmen, dass sich dieser mit Corona infiziert hatte.
  • Ansteckungsgefahr für Dritte gegeben: Daher bestand eine Ansteckungsgefahr für die Personen, die sich auf dem Hardenbergplatz aufhielten. Dieser Ort ist der Kammer zufolge ein gerichtsbekannt belebter Ort, an dem aufgrund der für diesen Tag angemeldeten Versammlungen mit zusätzlichen Menschenaufläufen zu rechnen war. Insbesondere, so die Kammer weiter, besteht auch im Freien bei Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 Metern ohne Benutzung von Masken ein Übertragungsrisiko.
  • Platzverweis verhältnismäßig: Der Platzverweis ist nach Ansicht der Berliner Verwaltungsrichter auch verhältnismäßig. Vor allem sahen sie in der Verpflichtung zum Tragen einer Maske kein milderes Mittel, das das Risiko von Corona-Infektionen auf null reduziert hätte.
Die Kammer hob noch hervor, dass dem Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht untersagt wurde, an einer Versammlung teilzunehmen. Vielmehr habe der Kläger erklärt, dass er krankt wäre und von sich aus nicht an der Versammlung teilnehmen wolle.
 
Quelle: PM des VG Berlin vom 03.08.2022 zum Urteil vom 01.08.2022 – VG 1 K 475/21


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Der Autor, Matthias Hettich, ist Richter am VGH Baden-Württemberg und seit über zehn Jahren Mitglied des für Versammlungsrecht und auch für Infektionsschutzrecht zuständigen Senats.
Verlagsprogramm Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht


Im Wortlaut: § 29 ASOG Bln Absatz 1 Satz 3 – Platzverweisung; Aufenthaltsverbot
(1) Die Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. [ … ]

 
Gerichtsentscheidungen rund um Corona

Corona hat dazu geführt, dass der Gesetzgeber und die Behörden existenzielle Bürgerrechte eingeschränkt haben. Dies führte zu zahlreichen Gerichtsverfahren. An dieser Stelle fassen wir fortlaufend –  je nach Aktualität – eine Auswahl von wichtigen Gerichtsentscheidungen zusammen, über die wir berichtet haben. mehr …


(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht