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Die Antragstellerin, die aus Portugal einreisen wollte, war vollständig gegen Corona geimpft und legte einen negativen PCR-Test vor (Foto: lettas / stock.adobe.com)
Einreise aus Virusvariantengebiet und Quarantäne

VG Frankfurt und VG Mainz heben Quarantäne-Anordnungen gegenüber Reiserückkehrern aus Portugal auf

ESV-Redaktion Recht
20.07.2021
Die Coronavirus-Einreiseverordnung soll unter anderem bundeseinheitlich die Quarantänepflicht bei Einreisen aus Virusvariantengebieten regeln. Nun hat das VG Frankfurt am Main eine Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts der Stadt Frankfurt, die auf die benannte Verordnung gestützt war, aufgehoben – mit einer bemerkenswerten Begründung, die auch das VG Mainz in einem vergleichbaren Fall teilte. 
In dem Streitfall war die Antragstellerin am 26.06.2021 von Deutschland aus nach Madeira gereist. Am 03.07.2021 flog sie direkt nach Deutschland zurück. Bei ihrer Rückkehr ordnete das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main ihr gegenüber eine 14-tägige häusliche Quarantäne an, die nicht verkürzt werden konnte. Und dies, obwohl die Antragstellerin vollständig gegen Corona geimpft war. Zudem legte sie bei der Einreise einen negativen PCR-Test vor.

Das Gesundheitsamt zog als Rechtsgrundlage für seine Anordnung § 4 Absatz 2 Satz 5 der Coronavirus-Einreiseverordnung in der aktuellen Fassung heran. Zum Zeitpunkt der Einreise war Portugal noch ein sogenanntes „Virusvariantengebiet“. Diese Einstufung lief allerdings am 07.07.2021 aus. Gegen die Quarantäneanordnung zog die Antragstellerin mit einem Eilantrag vor das VG Frankfurt am Main.
 
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VG Frankfurt am Main: Keine größere Gefahr durch vollständig geimpfte Person

Der Eilantrag hatte Erfolg. Das VG hatte zwar keine rechtlichen Bedenken an der Ländereinteilung mit Differenzierung in

  • Risikogebiete,
  • Hochinzidenzgebiete
  • und Virusvariantengebiete.
Die Frankfurter Richter leiteten den Anspruch der Antragstellerin auf Aufhebung der Quarantäne jedoch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne von Art. 3 Absatz 1 GG her. Diesen stützen sie im Wesentlichen auf folgende Überlegungen:

  • Ungleichbehandlung gegenüber späteren Reiserückkehrern: Die Antragstellerin wird gegenüber Rückkehrern, die nach dem 07.07.2021 – also nach der Rückstufung von Portugal – einreisen wollen, ohne nachvollziehbaren Grund benachteiligt.

  • Nachvollziehbare Gründe für Ungleichbehandlung erforderlich: Ungleiche Behandlungen, so das Gericht weiter, müssten durch nachvollziehbare Sachgründe gerechtfertigt sein. Solche Gründe sahen die Frankfurter Richter aber nicht.
  • Vier Tage spätere Rückkehr hätte Quarantäne vermieden: Vor allem scheidet nach Auffassung des VG eine infektionsschutzrechtliche Rechtfertigung für die Benachteiligung gegenüber später Einreisenden aus. Die Antragstellerin hätte die Anordnung der Quarantäne nämlich verhindern können, wenn sie vier Tage später – also nach der Rückstufung von Portugal in ein Hochinzidenzgebiet – zurückgekehrt wäre.

  • Einreise der Antragstellerin begründet keine größere Gefahr: Das Gericht konnte nicht nachvollziehen, warum sich eine vollständig geimpfte und zudem negativ getestete Person in Quarantäne begeben soll, wenn sie vier Tage später ohne Quarantänepflicht zurückgekehrt wäre. Mit anderen Worten: Von der Antragstellerin geht im Vergleich zu später einreisenden Personen keine größere Gefahr der Verbreitung von Corona aus.

  • Keine Rechtfertigung in Coronavirus Einreiseverordnung: Einen Grund zur Rechtfertigung der Quarantäneanordnung sahen die Verwaltungsrichter aus Frankfurt auch nicht in der Begründung zur Coronavirus–Einreiseverordnung. Diese äußert sich dem Gericht zufolge nicht dazu, wie im Falle der Falle der Rückstufung eines Landes oder Gebiets zu verfahren ist.
Wie die Gerichtssprecherin laut RND/dpa betonte, könne der Streitfall beispielhaft für die Rückstufung von weiteren Virusvarianten- oder Hochinzidenzgebieten sein und somit  „virulent“ werden. Gegen die Entscheidung des VG Frankfurt am Main kann innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung Beschwerde zum Hessischen VGH eingelegt werden.

VG Mainz schließt sich Entscheidung des VG Frankfurt an

Zum selben Ergebnis kam nun das VG Mainz. Mit Beschluss vom 14.07.2021 stellte das VG im Rahmen einer einstweiligen Anordnung fest, dass die Antragstellerin nicht quarantänepflichtig nach § 4 Abs. 2 Satz 5 CoronaEinreiseV ist. Ebenso wie ihre Kollegen aus Frankfurt sahen Mainzer Richter eine Benachteiligung gegenüber Personen, die erst nach der Rückstufung von Portugal als Hochinzidenzgebiet in Deutschland eingereist sind. Demnach hat vermutlich die zunehmende Verbreitung der Deltavariante in Deutschland zur Abstufung von Portugal geführt. Deshalb wäre ab diesem Zeitpunkt keine eine besondere Gefährlichkeit von Rückkehrern aus Portugal mehr anzunehmen, so das Gericht abschließend.

Quellen:

  • PM des VG Frankfurt vom 12.07.2021 zum Beschluss vom 09.07.2021 – 5 L 1908/21.F


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Im Wortlaut: § 4 Absatz 2, Sätze 2 und 5 Coronavirus-Einreiseverordnung
(2) […]  2 Die Absonderung endet abweichend von Satz 1 vor dem Ablauf von zehn Tagen für genesene, geimpfte oder getestete Personen, wenn diese den Genesenennachweis, den Impfnachweis oder den Testnachweis nach § 7 Absatz 4 Satz 1 an die zuständige Behörde übermitteln. [….].

5 Für Personen, die sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor der Einreise in einem zum Zeitpunkt der Einreise als Virusvariantengebiet eingestuftem Gebiet aufgehalten haben, beträgt der Zeitraum in Abweichung von Satz 1 vierzehn Tage, Satz 2 findet keine Anwendung.


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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht