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Fahrrad-Demos auf Autobahnen oder ähnlichen Straßen sind wirksame Mittel, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen (Foto: JayAr / stock.adobe.com)
Versammlungsrecht

VG Hannover zum Verbot einer Fahrrad-Demo auf der A7

ESV-Redaktion Recht
12.07.2022
Fahrrad-Demos auf Autobahnen sind bei ihren Veranstaltern sehr beliebt. Doch sind solche Demo-Routen wegen erhöhter Gefahren oder aufgrund der Widmung von Fernstraßen für Demonstrationen per Fahrrad ausgeschlossen? Hierzu hat das VG Hannover einen interessanten Beschluss gefasst.
In dem Streitfall hatten die Antragsteller bei der Stadt Hildesheim eine Versammlung angezeigt. Bei dieser sollten 400 bis 600 Teilnehmer unter dem Thema „Verkehrswende, autofreie Innenstadt, kein dritter Autobahnanschluss, Radverkehr stärken“ mit Fahrrädern von Hildesheim nach Hannover fahren. Die Route hätte teilweise auch über die A7 geführt. Zwar untersagte die Stadt Hildesheim diese Routenführung – sie legte aber eine Ausweichstrecke fest. Diese führte über die Berliner Straße in Hildesheim und die B6 bis nach Hannover. Gegen das Verbot, die A7 befahren zu dürfen, zogen die Antragsteller dann mit einem Eilantrag vor das VG Hannover.

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VG Hannover: Versammlungsfreiheit wurde verhältnismäßig eingeschränkt

Vor der 10. Kammer des VG Hannover hatte der Eilantrag aber keinen Erfolg. Demnach kann die streitgegenständliche Routenänderung voraussichtlich auf § 8 Abs. 1 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes (NVersG; siehe unten) gestützt werden. Die weiteren Erwägungen der Kammer:
 
  • Erhöhte Gefahr für die öffentliche Sicherheit: Die beabsichtigte Fahrraddemo verursacht aufgrund der zu erwartenden Staus im gesamten Stadtgebiet zu einer erhöhten Unfallgefahr. Zudem wäre die Staugefahr aufgrund der Sommerferien in vielen Bundesländern erheblich erhöht. Hieraus, so die Kammer weiter, wäre eine unzulängliche Erreichbarkeit von Unfallstellen durch Rettungsfahrzeuge zu befürchten. All dies führt nach Ansicht der Kammer zu einer erhöhten Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
  • Autobahnen zwar grundsätzlich kein demonstrationsfreier Raum: Zwar gewährt die Versammlungsfreiheit dem Veranstalter grundsätzlich das Recht, die Modalitäten einer Versammlung selbst zu bestimmen, betont die Kammer ausdrücklich. Ebenso sieht die sie Bundesautobahnen nicht schon aufgrund ihres Widmungszwecks von vornherein als demonstrationsfrei an.
  • Aber – Grundrechte aller Betroffenen sind gleichmäßig zu wahren: Eine Bewertung sei jedoch immer anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Hierbei wären dann die sich gegenüber stehenden Rechtsgüter so auszugleichen, dass nach Möglichkeit die betroffenen Grundrechte aller Beteiligten weitgehend ausgeübt werden können.
  • Einschränkung der Versammlungsfreiheit aufrund Ausweichroute verhältnismäßig: In dem konkreten Streitfall ist die Antragsgegnerin nach Auffassung der Verwaltungsrichter aus Hannover rechtmäßig davon ausgegangen, dass die Versammlungsfreiheit nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt wurde. Demnach hat die Alternativroute einen nicht zu beanstandenden Ausgleich zwischen dem Interesse der Antragsteller und den öffentlichen Interessen der Gefahrenvermeidung geschaffen. Dabei teilte die Kammer auch die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass die Antragsteller ihr Anliegen – öffentlichkeitswirksam auf eine nach ihrer Ansicht erforderliche Verkehrs- und Mobilitätswende im Sinne des Klimaschutzes aufmerksam zu machen – auch auf der ihr zugewiesenen Ausweichroute verfolgen können. Denn auch diese Route hat zum Teil einen autobahnähnlichen Charakter.  
Quelle: PM des VG Hannover vom 07.07.2022 zum Beschluss vom 06.07.2022 – 10 B 2725/22


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Der Autor ist Matthias Hettich ist Richter am VGH Baden-Württemberg und seit über zehn Jahren Mitglied des für Versammlungsrecht und auch für Infektionsschutzrecht zuständigen Senats.

Verlagsprogramm  Weitere Nachrichten aus dem Bereich Recht 


Im Wortlaut: § 8 Absatz NVersG – Beschränkung, Verbot, Auflösung 
 
(1) Die zuständige Behörde kann eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren.
 
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(ESV/bp)
 

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht