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VGH Kassel: Nachweis einer vollständigen Impfung gegen Corona setzt Impfung mit Vakzin voraus, das in der Liste des Paul-Ehrlich-Instituts aufgeführt ist. (Foto: skd / stock.adobe.com)
Impfnachweis gegen Corona

VGH Kassel: Kein Anspruch auf Impfzertifikat trotz zweifacher Impfung mit „Sputnik V“

ESV-Redaktion Recht
05.10.2021
Kann eine zweifache Impfung mit dem Vakzin „Sputnik V“ den Anspruch auf Ausstellung eines vollständigen Impfnachweises gegen Corona begründen? Hiermit hat sich der VGH Kassel kürzlich befasst.
Im dem Streitfall ließ sich der Antragsteller am 10.05.2021 in Moskau mit dem Vakzin „Sputnik V“ impfen. Am 19.07.2021 erhielt er in San Marino die zweite Impfung mit demselben Wirkstoff. Vom Gesundheitsamt des Landkreises Fulda verlangte er daher die Ausstellung eines deutschen Impfzertifikats. Dies lehnte das Gesundheitsamt jedoch ab. Die Begründung: Das Vakzin „Sputnik V“ gehört nicht zu den Impfpräraten, die das Paul-Ehrlich-Institut aufgelistet hat. Daraufhin verfolgte der Antragsteller sein Anliegen in einem Eilverfahren vor dem VG Kassel – 5 L 1529/21.KS – ohne Erfolg weiter. Gegen den ablehnenden Beschluss der Ausgangsinstanz zog der Antragsteller anschließend mit einer Beschwerde vor den VGH Kassel.  

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VGH Kassel: „Sputnik V“ nicht in Deutschland zugelassen

Der VGH Kassel begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Impfnachweises im Sinne von § 2 Nummer 3 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung nicht erfüllt hat. Die weiteren tragenden Überlegungen des VGH:
 
  • Sputnik nicht in Liste des Paul-Ehrlich-Instituts: Der Nachweis einer vollständigen Impfung gegen Corona – in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form – ist nur dann möglich, wenn die betreffende Person mit einem Vakzin geimpft wurde, das in der Liste des Paul-Ehrlich-Instituts aufgeführt ist. Insoweit wären zwar auch Impfungen mit verschiedenen Impfstoffen möglich. Diese Voraussetzung erfüllt der russische Impfstoff „Sputnik V“, der in Deutschland nicht zugelassen ist, aber nicht.
  • Kein Verstoß gegen EU-Recht: Auch EU-Regelungen gebieten nach VGH-Auffassung die Ausstellung eines inländischen Nachweises nicht. Zwar ermöglicht Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/953 grundsätzlich die Ausstellung eines Impfzertifikats für einen Impfstoff, der in einem Drittland verabreicht wurde. Nach Satz 2 dieser Norm ist ein Mitgliedstaat aber nicht dazu verpflichtet, ein Vakzin zu zertifizieren, das nicht in seinem Hoheitsgebiet zugelassen ist.
  • Vorrang der öffentlichen Gesundheit:  In der Versagung eines Impfzertifikats sah der VGH auch keinen Verstoß gegen den EU-rechtlichen Grundsatz der Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV. Die einzelnen Mitgliedstaaten können nämlich zum Schutz der öffentlichen Gesundheit Maßnahmen zur Beschränkung des freien Personenverkehrs ergreifen. 
Der Beschluss des Hessischen VGH kann nicht angefochten werden.
 
Quelle: PM des VGH Kassel vom 01.10.2021 zum Beschluss vom 27.09.2021 – 8 B 1885/21
 
Im Wortlaut: § 2 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) – Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung ist
 
[..]
 
3. ein Impfnachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vollständigen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Schutzimpfung mit einem oder mehreren vom Paul-Ehrlich-Institut im Internet unter der Adresse www.pei.de/impfstoffe/covid-19 genannten Impfstoffen erfolgt ist, und
 
a)       entweder aus einer vom Paul-Ehrlich-Institut im Internet unter der Adresse www.pei.de/impfstoffe/covid-19 veröffentlichten Anzahl von Impfstoffdosen, die für eine vollständige Schutzimpfung erforderlich ist, besteht und seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung mindestens 14 Tage vergangen sind oder [...]



Corona im Rechtsstaat

Wer hätte sich vor Corona vorstellen können, es schon bald mit Grundrechtseingriffen zu tun zu bekommen, die es zumindest im Westen Deutschlands so seit 1949 nicht gab? Oder wie schnell sich das gesamte gesellschaftliche Leben herunterfahren lässt? Zu schnell? Bleiben in der Krise Bürgerrechte und der Rechtsstaat auf der Strecke?

Im Austausch zwischen Niko Härting und seinen prominenten Gesprächspartnern entsteht ein vielstimmiges Kaleidoskop zu grundlegenden Fragen einer beispiellosen Krisenlage:

  • Wie weit hält das GG in diesen Krisenzeiten stand, funktioniert die Gewaltenteilung eigentlich noch?
  • Wie ist die Verhältnismäßigkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen?
  • Wie ist der Datenschutz zu bewerten, verhindert er die Pandemiebekämpfung?
  • Wie steht es um die Verlässlichkeit z.B. von Rechenmodellen zum Pandemiegeschehen?
  • Wer hat das Sagen? Die Wissenschaft, die Exekutive? Die Parlamente, die parlamentarische Opposition? Welche Rolle spielen die Medien?
Vielstimmig und kritisch in 39 Interviews: Sie finden Gespräche mit Konstantin Kuhle, Peter Schaar, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Katja Keul, Stefan Brink, Ulrich Kelber, Thomas Ramge, Nikolaus Forgó, Frederick Richter, Konstantin von Notz, Saskia Esken, Henning Tillmann, Ulrich Battis, Kyrill-Alexander Schwarz, Till Steffen, Malte Engeler, Paul Schwartz, Justus Haucap, Linda Teuteberg, René Schlott, Johannes Caspar, Barbara Thiel, Hans Michael Heinig, Horst Dreier, Michael Will, Indra Spiecker, Kai von Lewinski, Andrea Kießling, Johannes Fechner, Florian Schroeder, Manuela Rottmann, Stefan Brink, Paul van Dyk und Jonas Schmidt-Chanasit.

Das Buch zum PinG-Podcast: Die vielseitigen Erfahrungen und Perspektiven bekannter Persönlichkeiten, die im PinG-Podcast „Corona im Rechtsstaat“ geteilt wurden, durchleuchten dabei auch viele Nebenfolgen der Krise kritisch.
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(ESV/bp)

Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht