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Förmliche Zustellung setzt Übergabeversuch voraus (Photo: stgrafix / Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des BFH

Voraussetzungen einer förmlichen Zustellung

ESV-Redaktion Steuern
26.01.2023
Die Regeln einer förmlichen Zustellung, z.B. für Gerichtsentscheidungen oder andere besonders wichtige Verwaltungsakte, werden in §§ 166 ff. ZPO geregelt. Gelten während der Covid-19-Pandemie andere Regeln hinsichtlich einer wirksamen förmlichen Zustellung? Damit beschäftigte sich der BFH in seinem Urteil vom 19. Oktober 2022.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19.10.2022 – X R 14/21 entschieden, dass eine Ersatzzustellung durch bloßes Einlegen in den Briefkasten unwirksam ist, wenn der Postzusteller nicht zunächst versucht hat, die Postsendung mit dem entsprechenden Schriftstück persönlich zu übergeben. Diese Regelung gilt unverändert auch während der Covid-19-Pandemie.

Zivilprozessordnung regelt Zustellung

Die Zivilprozessordnung, insb. §§ 166 ff. ZPO, sieht für besonders wichtige Schriftstücke, z.B. Gerichtsentscheidungen oder besondere Verwaltungsakte, unterschiedliche Arten der Zustellung vor. Werden diese Regeln bei der Zustellung nicht beachtet werden, ist die Zustellung unwirksam. Eine „Heilung“ des Mangels tritt erst in dem Zeitpunkt ein, in dem der Empfänger das Schriftstück tatsächlich in die Hand bekommt.

kein unmittelbarer Zustellungsversuch durch Postzusteller

In dem vorliegenden Fall des BFH hatte der Postzusteller die Sendung mit einem Gerichtsurteil an einem Samstag in den Briefkasten der von den Klägern bevollmächtigten Steuerberatungskanzlei eingelegt. Die Kläger legten gegen das letztendlich zugegangene Urteil Revision ein. Fraglich war, ob diese fristgemäß eingelegt worden war. Wäre dieser Samstag, an dem die Postsendung im Briefkasten hinterlassen worden war, das Zustellungsdatum gewesen, hätten die Kläger die Revision zu spät eingelegt. Allerdings machten diese geltend, die vorgenommene Zustellung sei unwirksam, weil der Zusteller während der Covid-19-Pandemie niemals versucht habe, in den Kanzleiräumen unmittelbar zu klingeln und das Schriftstück dort direkt zu übergeben. Der X. Senat des BFH hat hierzu durch Einholung einer Auskunft der Deutschen Post AG und durch Vernehmung des zuständigen Postzustellers als Zeugen Beweis erhoben. Diese hat ergeben, dass es bei der Deutschen Post AG zwar keine generellen Anweisungen gab, während der Covid-19-Pandemie auf ein Klingeln beim Empfänger und den Versuch einer persönlichen Übergabe zu verzichten, der Amtsleiter des Zustellers aber eine solche Anweisung mündlich erteilt hatte.

förmliche Zustellung stellt Zustellungsversuch voraus - trotz Corona

Auf dieser Grundlage hat der BFH die Zustellung als unwirksam angesehen. Zuzugeben war, dass es in einigen Rechtsgebieten pandemiebedingte Erleichterungen in Bezug auf bestimmte Förmlichkeiten gegeben hat, die Zustellungsvorschriften der ZPO haben jedoch keine gesetzlichen Sonderregelungen erfahren. Auch das für den Streitfall maßgebende Landesrecht ordnete nicht an, dass bei Zustellungen ein Kontaktverbot bestehe. Dies hat der BFH für die in Bayern im Juni 2021 geltenden Infektionsschutzregeln, die vergleichbar mit denen anderer Bundesländer gewesen sein dürften, entschieden. Daher konnte dahinstehen, ob der Landesgesetzgeber überhaupt die bundesrechtlichen Zustellungsregelungen modifizieren konnte.

Heilung erst durch tatsächlichen Zugang bei Briefkastenleerung

Der damit gegebene Zustellungsmangel wurde erst am darauffolgenden Montag geheilt, als eine Mitarbeiterin des Steuerberaters den Kanzleibriefkasten geleert hat. Demzufolge hatten die Kläger die Revisionsfrist gewahrt, die eingelegte Revision ist daher nicht aus Fristgründen unzulässig.

Quelle: BFH, Urteil vom 19. Oktober 2022 - X R 14/21

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(ESV/cmx)

Programmbereich: Steuerrecht