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Selbstnutzung des Familienheims muss objektiv unmöglich oder unzumutbar sein (Photo: and.one/Adobe Stock)
Neues aus der Rechtsprechung des BFH

Voraussetzungen für die Erbschaftsteuerbefreiung bei einem Familienheim

ESV-Redaktion Steuern
12.07.2022
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 1.12.2021 – II R 18/20 entschieden, dass ein Erbe auch dann nicht die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim verliert, wenn ihm dessen eigene Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist.

Erbschaftsteuerbefreiung knüpft an (weiteres) Bewohnen der ererbten Wohnung

Die Klägerin hatte das von ihrem Vater ererbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt. Daher wurde unter Berufung auf § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG keine Erbschaftsteuer festgesetzt. Nach sieben Jahren zog die Klägerin aus der Wohnung aus gesundheitlichen Gründen aus. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Nach Auffassung des Finanzamts fiel damit die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit nach Gesetzeslage weg, da der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt (sog. Nachversteuerung). Das FA ging davon aus, dass die Klägerin nicht aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war.

Die Klägerin machte gegenüber dem FA und dem FG erfolglos geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen und deshalb ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben können.

Das FG war der Ansicht, das sei kein zwingender Grund für den Auszug, da sich die Klägerin fremder Hilfe hätte bedienen können.

Selbstnutzung zu Wohnzwecken bezieht sich allein auf das geerbte Familienheim

Der BFH erteilte der Rechtsauffassung des FG eine Absage. Grds. bedeutet die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. Unter „zwingend“ versteht der BFH nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen, wie etwa die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung, genügten zwar nicht. Anders verhalte es sich jedoch, wenn der Erbe gesundheitsbedingt für eine weitere Nutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedürfe, dass nicht mehr von einer selbständigen Haushaltsführung zu sprechen sei. Selbstnutzung bezieht sich dabei auf das betreffende Familienheim; unerheblich ist die Möglichkeit der Führung jeglichen Haushalts an einem anderen Ort.

Das Schutzziel der erbschaftsteuerlichen Norm, also der Erhalt des Familiengebrauchsvermögens, wird aus Billigkeitsgründen aufgegeben, wenn sich der Erbe in einer Zwangslage befindet. Die Wohnnutzung muss dann für den Erben unter den konkreten Umständen objektiv unmöglich oder unzumutbar geworden sein.

Der Rechtsstreit wurde an das FG zurückverwiesen, um unter Mitwirkung der Klägerin das Ausmaß ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu prüfen.

Quelle: PM 28/22 des Bundesfinanzhofs vom 7.7.2022 - Urteil vom 1.12.2021 – II R 18/20

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