Warum der BGH gegen die genetische Mutter entschieden hat
Auch in Deutschland wurde die genetische Mutter zunächst als rechtliche Mutter in das Geburtenregister eingetragen. Als sich später der Sachverhalt über die Leihmutterschaft herausstellte, wies das Amtsgericht (AG) Dortmund das Standesamt auf Antrag der Standesamtsaufsicht an, den Eintrag im Geburtenregister zu berichtigen. Hiergegen wendete sich die genetische Mutter mit einer Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Da diese keinen Erfolg hatte, legte sie Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichthof (BGH) ein.
Exkurs: Leihmutterschaft in Deutschland verboten |
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BGH: Rechtliche Mutter ist die Frau, die das Kind zur Welt bringt
Der XII. Zivilsenat des BGH wies die Rechtsbeschwerde zurück. Nach Auffassung des Senats ist die genetische Mutter nicht die rechtliche Mutter. Die tragenden Erwägungen des Senats:Anwendbares Recht
Auf den Sachverhalt ist im Ergebnis deutsches Recht anzuwenden, so der Senat. Ausgangspunkt hierfür ist Art. 19 Absatz 1 EGBGB, was die Karlsruher Richter wie folgt begründeten:
- Gewöhnlicher Aufenthalt: Die Abstammung eines Kindes richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- Bezugspersonen und soziales Umfeld: Insoweit komme es darauf an, welche Bezugspersonen das Kind betreuen und versorgen sollten. Zudem sei das soziale und familiäre Umfeld entscheidend.
- Wille aller Beteiligten: Hierzu führten die Karlsruher Richter dann aus, dass das Kind nach dem Willen aller Beteiligten dauerhaft bei dem deutschen Ehepaar leben sollte. Somit könne nicht das Recht der Ukraine angewendet werden, auch wenn dieses die Leihmutterschaft anerkennt.
Obwohl diese Gründe dem Anschein nach für die genetische Mutter aus Deutschland positiv klingen, halfen sie ihr nicht weiter. Im Gegenteil – für die deutschen Regelungen ist insoweit nämlich § 1591 BGB einschlägig:
- Leihmutter hat Kind geboren: Nach dieser Norm ist die Frau in das Geburtenregister einzutragen, die es geboren hat. Dies war in dem Streitfall aber die Leihmutter.
- Regelungen der Ukraine insoweit unerheblich: An die Registrierung in der Ukraine sind die deutschen Behörden dem Senat zufolge nicht gebunden.
Weitere Erwägungen des BGH
Da das Kind sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht der Ukraine einen deutschen Vater – und somit auch die deutsche Staatsbürgerschaft – hat, halte es sich auch rechtmäßig in Deutschland auf, so der Senat weiter. Möglich sei auch eine Adoption durch die genetische Mutter. Medienberichten zufolge räumte der Senat einer solchen gute Erfolgsaussichten ein.Im Wortlaut: § 1591 BGB Mutterschaft |
Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat. |
Im Wortlaut: Art. 19 EGBGB Abstammung |
(1) Die Abstammung eines Kindes unterliegt dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sie kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Ist die Mutter verheiratet, so kann die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Artikel 14 Absatz 2 unterliegen; (…) |
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Quelle: PM des BGH vom 23.04.2019 zum Beschluss vom 20.03.2019 – AZ: XII ZB 530/17
(ESV/bp)
Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht