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Trotz genetischer Mutter als Bezugsperson des Kindes: Rechtliche Mutter ist nach deutschem Recht die Leihmutter (Foto: abelena/Fotolia.com)
Leihmutter und rechtliche Mutterschaft

Warum der BGH gegen die genetische Mutter entschieden hat

ESV-Redaktion Recht
02.05.2019
In Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz (ESchG) die Leihmutterschaft. Viele deutsche Paare versuchen ihr Glück daher in der Ukraine, in der das Modell der Leihmutterschaft floriert. Allerdings riskiert die genetische Mutter dabei ihren Status als rechtliche Mutter, wie eine aktuelle Entscheidung des BGH zeigt.
In dem Streitfall hatte sich ein deutsches Ehepaar an eine Leihmutter in der Ukraine gewendet. Mit Hilfe der dortigen Ärzte brachte die Leihmutter dort ein Kind zur Welt. Vorher hatten die Ärzte ihr eine Eizelle der deutschen Ehefrau eingepflanzt. Diese wurde künstlich mit dem Sperma ihres Ehemannes befruchtet. Das Standesamt in der Ukraine stellte daraufhin eine Geburtsurkunde aus, die die deutsche Frau als Mutter auswies.

Auch in Deutschland wurde die genetische Mutter zunächst als rechtliche Mutter in das Geburtenregister eingetragen. Als sich später der Sachverhalt über die Leihmutterschaft herausstellte, wies das Amtsgericht (AG) Dortmund das Standesamt auf Antrag der Standesamtsaufsicht an, den Eintrag im Geburtenregister zu berichtigen. Hiergegen wendete sich die genetische Mutter mit einer Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Da diese keinen Erfolg hatte, legte sie Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichthof (BGH) ein.

Exkurs: Leihmutterschaft in Deutschland verboten
  • In Deutschland machen sich Ärzte nach dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) aus ethischen sittlichen und moralischen Gründen strafbar, wenn sie ihre Leistungen im Rahmen einer Leihmutterschaft erbringen.  
  • Bestraft werden aber nur die Ärzte. Verstöße können mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren geahndet werden.
  • Leihmütter oder die Wunscheltern werden nicht bestraft. 
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BGH: Rechtliche Mutter ist die Frau, die das Kind zur Welt bringt

Der XII. Zivilsenat des BGH wies die Rechtsbeschwerde zurück. Nach Auffassung des Senats ist die genetische Mutter nicht die rechtliche Mutter. Die tragenden Erwägungen des Senats:

Anwendbares Recht

Auf den Sachverhalt ist im Ergebnis deutsches Recht anzuwenden, so der Senat. Ausgangspunkt hierfür ist Art. 19 Absatz 1 EGBGB, was die Karlsruher Richter wie folgt begründeten:
  • Gewöhnlicher Aufenthalt: Die Abstammung eines Kindes richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.  
  • Bezugspersonen und soziales Umfeld: Insoweit komme es darauf an, welche Bezugspersonen das Kind betreuen und versorgen sollten. Zudem sei das soziale und familiäre Umfeld entscheidend.  
  • Wille aller Beteiligten: Hierzu führten die Karlsruher Richter dann aus, dass das Kind nach dem Willen aller Beteiligten dauerhaft bei dem deutschen Ehepaar leben sollte. Somit könne nicht das Recht der Ukraine angewendet werden, auch wenn dieses die Leihmutterschaft anerkennt.
Dennoch: Entscheidend ist, wer das Kind geboren hat

Obwohl diese Gründe dem Anschein nach für die genetische Mutter aus Deutschland positiv klingen, halfen sie ihr nicht weiter. Im Gegenteil – für die deutschen Regelungen ist insoweit nämlich § 1591 BGB einschlägig:
  • Leihmutter hat Kind geboren: Nach dieser Norm ist die Frau in das Geburtenregister einzutragen, die es geboren hat. Dies war in dem Streitfall aber die Leihmutter.
  • Regelungen der Ukraine insoweit unerheblich: An die Registrierung in der Ukraine sind die deutschen Behörden dem Senat zufolge nicht gebunden.

Weitere Erwägungen des BGH

Da das Kind sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht der Ukraine einen deutschen Vater – und somit auch die deutsche Staatsbürgerschaft – hat, halte es sich auch rechtmäßig in Deutschland auf, so der Senat weiter. Möglich sei auch eine Adoption durch die genetische Mutter. Medienberichten zufolge räumte der Senat einer solchen gute Erfolgsaussichten ein.

Im Wortlaut: § 1591 BGB Mutterschaft
Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.
Im Wortlaut: Art. 19 EGBGB Abstammung
(1) Die Abstammung eines Kindes unterliegt dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sie kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Ist die Mutter verheiratet, so kann die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Artikel 14 Absatz 2 unterliegen; (…)

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Quelle: PM des BGH vom 23.04.2019 zum Beschluss vom 20.03.2019 – AZ: XII ZB 530/17

(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht