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Leere Kneipen bestimmen nach wie vor das Bild. Gastwirte mit einer Betriebsschließungsversicherung können aber zumindest hoffen (Foto: ArtEvent ET / stock.adobe.com)
Betriebsschließungsversicherung

Weiterhin keine einheitliche Rechtsprechung zu Entschädigungen bei coronabedingten Betriebsschließungen

ESV-Redaktion Recht
09.03.2021
Nachdem das LG Düsseldorf in einem Fall zwei Barbetreibern gegen ihren Betriebsschließungsversicherer hohe Entschädigungen zusprach und in einem weiteren Fall solche Entschädigungen ablehnte, haben nun drei bayerische Gerichte ebenfalls sehr unterschiedliche Entscheidungen getroffen.

LG Regensburg: Keine Entschädigung für Gastwirt aus Betriebsschließungsversicherung

Nach einem kürzlich veröffentlichten Urteil des LG Regensburg hat ein Gastwirt keinen Anspruch auf Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung. Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen (BS 311/05) bieten dem Versicherungsnehmer eine Entschädigung, wenn die zuständige Behörde den Betrieb aufgrund meldepflichtigen Krankheiten im Sinne des IfSG schließt. Es folgt in den Bedingungen ein Katalog der Krankheiten und Krankheitserreger, die auch in den §§ 6 und 7 IfSG benannt sind. Das Corona-Virus wird in den BS 311/05 allerdings nicht aufgeführt. Nach Ansicht des Klägers ergibt sich aber aus dem Bezug auf die in den §§ 6, 7 IfSG genannten Krankheiten und Erreger, dass die Aufzählung der Krankheiten und Erreger nicht abschließend sein soll.

Aufzählung von Krankheiten und Erreger in Versicherungsbedingungen erschöpfend

Dieser Ansicht folgte das LG Regenburg nicht. Demnach kann der verständige Versicherungsnehmer die in den Versicherungsbedingungen aufgeführten Krankheiten und Erreger nur als erschöpfende Aufzählung verstehen. Dies ergibt sich dem Gericht zufolge aus dem Wortlaut:

„Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger sind die folgenden, im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger.“

Aus der Formulierung „folgenden“ und durch die Nennung von nur bestimmten Krankheiten und Erregern aus dem IfSG, die ausdrücklich benannt sind, müsse sich dem verständigen Versicherungsnehmer aufdrängen, dass die diese Aufzählung nicht deckungsgleich mit allen meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserregern sein kann, die in den §§ 6 und 7 IfSG aufgeführt sind. Hätte der Versicherer den Versicherungsschutz auf alle im IfSG bezeichneten Krankheiten und Krankheitserreger erstrecken wollen, wäre eine nochmalige Aufzählung der meldepflichtigen Krankheiten in den BS 311/05 überflüssig gewesen, so die Richter aus Regenburg.

Quelle: Urteil des LG Regensburg vom 01.03.2021 – 33 O 1061/20

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LG Augsburg: Klage von Hotelbetreiberin auf Zahlung aus Betriebsschließungsversicherung abgewiesen

Auch das LG Augsburg hat eine Klage abwiesen, die einen Zahlungsanspruch aus einer Betriebsschließungsversicherung zum Gegenstand hatte. In dem Streitfall hatte eine Hotelbetreiberin geklagt. Die Klage scheiterte aber vor allem aus zwei Gründen: 

  • Keine vollständige Schließung: Die Klägerin trug vor, dass zwar eine Beherbergung von Geschäftsreisenden möglich war. Dies hatte aber nur zu einer Auslastung von durchschnittlich unter 10% geführt, was die Klägerin als untergeordnetes Mitnahmegeschäft bezeichnete. Der Klägerin zufolge lag damit eine faktische Betriebsschließung vor. Dieser Vortrag überzeugte die Augsburger Richter nicht. Demnach wäre eine vollständige Schließung des Hotelbetriebs notwendig gewesen, um einen Versicherungsfall anzunehmen.
  • Keine behördliche Anordnung: Aber selbst dann, wenn man eine Vollschließung unterstellen würde, fehlte es dem Gericht zufolge an einer behördlichen Anordnung, weil die Schließung im Rahmen einer Allgemeinverfügung erfolgte. 
Quelle: Urteil des LG Augsburg vom 26.02.2021 – 095 O 2144/20

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LG Coburg: Versicherungsbedingungen verstoßen gegen Transparenzgebot

Mehr Glück hatten zwei Betreiber einer Pizzeria, deren Betrieb aufgrund der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20.03.2020 schließen musste. Die Betreiber machten vor dem LG Coburg erfolgreich eine Entschädigungszahlung von 60.000 Euro aus ihrer Betriebsschließung geltend. 

Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen (AVB-BS, Stand 2019) enthielten eine ähnliche Klausel wie in dem Fall des LG Regensburg. Auch diese Bedingungen enthielten einen Katalog von meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserregern, die in den §§ 6 und 7 IfSG benannt sind. Allerdings erfolgte der Verweis hier auf das „Infektionsgesetz“, das es gar nicht gibt. Das Corona-Virus wurde auch in den AVB-BS nicht benannt. 

Versicherungsbedingungen müssen Schutzlücken hinreichend verdeutlichen 

Das LG Coburg sah in der obigen Allgemeinverfügung eine Schließung des versicherten Betriebs zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern im Sinne des IfSG. Darüber hinaus ist es den Coburger Richtern zufolge unerheblich, dass weder die Corona-Krankheit (COVID-19) noch der Krankheitserreger SARS-CoV-2 in § 1 Nr. 2 AVB-BS  ausdrücklich genannt sind. Demnach verstößt diese Klausel gegen das Transparenzgebot von § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB und ist darum unwirksam. Die weiteren Überlegungen der Coburger Richter:

  • Katalogartige Aufzählung von Krankheiten suggeriert Vollständigkeit: Durchschnittliche Versicherungsnehmer müssen nicht mit Lücken im Versicherungsschutz rechnen, wenn die Klausel dies nicht hinreichend verdeutlicht. Insoweit suggeriert die katalogartige Aufzählung der Krankheiten und Erreger in ihrer optisch erschlagenden Darstellung, eine Vollständigkeit und eine Deckungsgleichheit mit dem IfSG.
  • Abgleich von Versicherungsbedingungen mit IfSG führt zur Intransparenz: Aufgrund der Bezugnahme zu diesem Gesetz muss der durchschnittliche Versicherungsnehmer zur Überprüfung einer Abweichung die Regelungen des IfSG mühsam mit dem Katalog der Klausel vergleichen, so das LG weiter. Dies würde noch dadurch erschwert, dass die AVB-BS teilweise von der alphabetischen Reihenfolge des Gesetzes abweichen. Eine Klausel, deren Tragweite aber nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar ist, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht kennt, ist dem LG Coburg zufolge intransparent. 

Programmbereich: Wirtschaftsrecht