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Prof. Dr. Hartwig Bohne (Foto: privat)
Arbeitswelt Hotellerie

„Wir müssen positive Zeichen für die gesamte Branche setzen“

Interview mit Prof. Dr. Hartwig Bohne (Professor für Internationales Hotelmanagement an der SRH Hochschule Berlin)
21.09.2023
Für die Gewinnung, Bindung und Weiterentwicklung von Nachwuchs- und Fachkräften in der Hotellerie ist mehr denn je die leidenschaftliche Kraftanstrengung aller Betriebe und Branchenverbände gefragt. Prof. Dr. Hartwig Bohne erörtert im Interview unter anderem, welche Herausforderungen sich durch den Fachkräftemangel für die Hotellerie ergeben, aber auch welche Chancen die Digitalisierung bietet.

Was fasziniert Sie an der Hotelbranche persönlich?

Prof. Dr. Hartwig Bohne: An der Hotelbranche fasziniert mich besonders, dass sie durch unterschiedliche Hotel- und Servicekonzepte nie langweilig wird. Als Mitarbeiter erleben sie unterschiedliche Gäste und Kulturen, setzen Fremdsprachen ein und können weltweit arbeiten. Entscheidend ist in jedem Betrieb ein starkes Team, das jeden Tag aufs Neue die Gäste zufriedenstellt und Erwartungen erfüllt – oder zuweilen auch übertrifft.

Wie kamen Sie darauf, sich näher mit der „Arbeitswelt Hotellerie“ zu beschäftigen?

Meine berufliche Karriere hat mich ins Personalwesen geführt und mittlerweile ist es mehr als nur ein Beruf – es ist meine Leidenschaft. Ich liebe es, junge Talente für die spannende Welt der Hotellerie zu begeistern und sie als Azubi oder Student auf ihrem Weg zu begleiten. Mein Ansatz ist es, ambitionierte Arbeitgeber dabei zu unterstützen, ihre Arbeitswelt in der Hotellerie weiter zu verbessern und attraktiver zu gestalten. Deshalb war es mir ein Anliegen, dieses Buch zu schreiben – um positive Vorbildbetriebe zu ermutigen, ihre Erfolgsgeschichten zu teilen und damit anderen Betrieben, Bewerbern, Lehrenden und Eltern Inspiration zu geben. Denn es gibt so viele großartige Beispiele in der Hotellerie, die zeigen, wie erfolgreich und erfüllend diese Branche sein kann. Wir müssen und können zusammen die positiven Seiten der Hotellerie sichtbar machen und damit auch die spannenden Herausforderungen der Zukunft, etwa durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz oder von Robotern, aktiv und im Sinne der Mitarbeiter gestalten.

Der Fachkräftemangel in der Hotellerie ist eine große Herausforderung. Welche konkreten Handlungsempfehlungen können Sie den Hoteliers geben, um für Fachkräfte attraktiver zu werden?

Man muss sich die zentrale Frage stellen, wie ein Unternehmen zu einem Anziehungspunkt für die besten Talente wird. Wie schafft es ein Hotel, dass es positiv aus der Masse heraussticht und auf Messen, in Schulen oder im Internet nachhaltig sichtbar wird – und im Idealfall eine Marke als unverwechselbarer Arbeitgeber aufbaut? Es geht nicht nur um eine glänzende Fassade, sondern um das, was langfristig verlässlich angeboten wird. Eine empathische Führung, moderne Infrastruktur, angenehme Arbeitsbedingungen und zeitgemäße Konditionen sind das A und O, um Bewerber zu überzeugen und Mitarbeiter zu binden. Junge Menschen sind anspruchsvoll und wählerisch. Sie wollen mehr als nur einen Arbeitsplatz – sie suchen nach einer herausfordernden Karriere mit Perspektive und Entwicklungsmöglichkeiten. Um diese Erwartungen zu erfüllen, braucht es Investitionen in die Mitarbeiter und ihre Umgebung. Das bedeutet beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle, individuelle Karriereplanung und Betriebsrenten. Aber auch steuerlich machbare Benefits und betriebsspezifische Besonderheiten können den Unterschied ausmachen. Nur wer in seine Mitarbeiter finanziell und emotional investiert, wird diese Mitarbeiter langfristig begeistern und binden.

Welche spezifischen Anforderungen sehen Sie für Führungskräfte in der Hotellerie?

Führungskräfte im Hotel stehen vor großen Herausforderungen. Wirtschaftliche Kennziffern zu erreichen, Nachwuchs auszubilden und zugleich eine niedrige Fluktuation zu sichern, sind nur drei Elemente der Bandbreite guter Führungsarbeit. In Zukunft wird es noch mehr auf emotionale Wertschätzung, empathische Einbindung, glaubwürdige Verantwortungsübertragung und sichtbares Vertrauen in Qualifikationen und Kompetenzen gehen, vor allem auch bei Quereinsteigern und Hochschulabsolventen.  Würden alle Auszubildenden und alle (dualen) Studierenden der Hotelmanagementstudiengänge offen auf- und übernommen werden, wäre unsere Fachkräftesituation wesentlich entspannter. Die Bereitschaft zur Arbeit in der Hotellerie ist beim Großteil der Auszubildenden und Studierenden vorhanden, aber sie müssen „abgeholt“ werden. Dies erreicht man mit vielen kleinen Schritten. Dazu gehört auch ein Verständnis für sich verändernde Erwartungen an einen Arbeitgeber, insbesondere aber auch an Führungskräfte.

Welche Möglichkeiten gibt es in der Hotellerie, Personalentwicklung nachhaltig zu gestalten und Personal langfristig zu binden?

Indem wir Mitarbeiter einbinden und ihnen unsere Wertschätzung zeigen, können wir sie zu echten Mitwirkenden machen.  Wir sollten ihre Projekte honorieren und ihnen die Chance geben, selbst etwas zu schaffen – zum Beispiel die Einführung von Service-Robotern als Lehrlingsprojekt. Wenn wir Kreativität und Engagement fördern, werden wir nicht nur bessere Ergebnisse erzielen, sondern auch als Arbeitgeber attraktiver werden. Die Digitalisierung verändert unsere Berufsprofile und das ist großartig. Wir können jetzt offener sein für Quereinsteiger und Menschen jeden Alters. Wir sollten die Chance nutzen, unsere Teams mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Erfahrungen zu bereichern. Und während wir dabei sind, können wir auch gleich die Teilnahme an Wettbewerben fördern, denn wer weiß, welche großartigen Ideen wir dadurch noch entdecken werden? Und schließlich: Die aktuelle Diskussion über das Rentensystem zeigt uns, dass es viele Möglichkeiten gibt, unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Wir müssen nicht passiv abwarten, was uns die Zukunft bringt – wir können aktiv gestalten und uns für unsere Interessen einsetzen. Dazu brauchen wir Mitarbeiter, die überzeugt sind von unserer Vision und mit vollem Einsatz dabei sind.

Welche Chance liegt in der Digitalisierung für die Arbeitswelt Hotellerie? Kann Ihrer Meinung nach mehr Transparenz und Arbeitgeberbewertung zu einer höheren Wertschätzung der Arbeitnehmer führen?

Arbeitgeberbewertungen werden zum neuen Standard. Wenn wir als Gäste auf Sterne und Ratings bei der Buchung des Zimmers schauen, sollten wir davon ausgehen, dass Bewerber dies künftig auch als selbstverständlich voraussetzen. Und es wird so bleiben, dass sich die Arbeitgeber bei Mitarbeitern bewerben und nicht mehr umgekehrt. Wir leben in einer digitalen Welt, die sich ständig weiterentwickelt. Wichtig ist, dass die Art und Weise, wie wir über Jobs und Arbeitgeber informieren, auf dem neuesten Stand ist, animiert, authentisch, glaubwürdig. Die Digitalisierung verändert auch die Berufsbilder und die Ausbildung. Es ist an der Zeit, dass auch die Berufsschulen mehr digitale Elemente anbieten, um den logistischen Aufwand für diejenigen zu verringern, die weiter entfernt von der Schule leben. Denn technische Elemente werden immer wichtiger, um aufkommende Technologien zu verstehen und zu beherrschen. Die Bildungseinrichtungen dürften offener sein für Kooperationen mit der Industrie und wir müssen überlegen, ob es wirklich weiterhin sinnvoll ist, Hochschulen, Fachschulen und Berufsschulen voneinander getrennt zu entwickeln und zu betreiben. Die Hotellerie wird immer eine Branche mit hohem Anteil menschlicher, körperlicher Arbeit bleiben. Aber wir können durch smarte Technologien die Attraktivität der Hotellerie steigern: Roboter im Housekeeping, Künstliche Intelligenz bei der Leistungsbeurteilung, um nur zwei Beispiele zu nennen. Dadurch lassen sich positive Zeichen setzen – für Bewerber, Mitarbeiter, Unternehmer und damit für die gesamte Branche.

Arbeitswelt Hotellerie

Herausgegeben von Prof. Dr. Hartwig Bohne

Für die Gewinnung, Bindung und Weiterentwicklung von Nachwuchs- und Fachkräften in der Hotellerie ist mehr denn je die leidenschaftliche Kraftanstrengung aller Betriebe und Branchenverbände gefragt. Es geht dabei um gute Führung, verlässliche Konditionen und ein zeitgemäßes Arbeitsumfeld, aber auch um wirtschaftliche Sicherheit, Karrieremöglichkeiten, Respekt und Anerkennung.

Über 40 unterschiedliche Hotels und Akteure stellen Ihnen in diesem inspirierenden Band erstmals ihre erfolgserprobten Instrumente vor – dabei im Fokus:

  • Erwartungen an eine moderne Arbeitsumgebung in der Hotellerie
  • Anforderungen an Führungskräfte, um einen Hotelbetrieb als attraktiven Arbeitsplatz zu gestalten
  • Werbe-, Bindungs- und Entwicklungsmaßnahmen für Fachkräfte, die sich in der Praxis bewährt haben
  • verlässliche Karrieremöglichkeiten, Respekt und Wertschätzung

Ein einzigartiger Branchenratgeber, der Sie mit vielen Ideen und Umsetzungstipps dabei unterstützt, Fach- und Führungskräfte nachhaltig für die Hotellerie zu begeistern.

Programmbereich: Management und Wirtschaft