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Zahlreiche Altmedikamente werden über Abwasser oder Hausmüll entsorgt (Foto: kelifamily/Fotolia.com)
Arzneimittelrückstände in der Umwelt

Zeschmar-Lahl und Friege: „Empfehlungen zur Entsorgung von Arzneimitteln gleichen einem Flickenteppich“

ESV-Redaktion Recht
13.06.2018
Glaubt man zahlreichen Analysen, wurden bereits im Jahr 2010 in Deutschland über 156 Arzneirückstände in Oberflächengewässern und im Grundwasser nachgewiesen – Tendenz steigend. Dr. Barbara Zeschmar-Lahl und Prof. Dr. Henning Friege suchen in der Fachzeitschrift „Müll und Abfall“ nach Ursachen und Lösungen.

Pharmarückstände in Umwelt und Trinkwasser sehen die Autoren nicht nur als Problem der Länder an, in denen die Medikamente produziert werden – wie zum Beispiel China oder in Indien. Vielmehr sei dies auch ein Problem in Deutschland bzw. in Europa. Ihren Einstieg in die Ursachenforschung beginnen Zeschmar-Lahl und Friege daher mir einem Blick auf die Absatzzahlen. Im Vordergrund stehen dabei die verschreibungspflichtigen Arzneimittel. 

Die Autoren
  • Dr. Barbara Zeschmar-Lahl, BZL der Kommunikation und Projektsteuerung GmbH in Oyten
  • Prof. Dr. Henning Friege, Nachhaltigkeitsberatung Dr. Friege & Partner, Voerde

Absatz verschreibungspflichtiger Medikamente steigend

Allein der Absatz rezeptpflichtiger Medikamente über den Einzelhandel belief sich nach Informationen des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH) in Deutschland im Jahr 2016 auf 909 Mio. Packungseinheiten (PE). Zudem soll die Zunahme des Arzneimittel- Verbrauchs von 2015 bis 2045 um mindestens 43 Prozent steigen. Zwar hätten Aussagen zu den Packungseinheiten aufgrund unterschiedlicher Packungsgrößen nur einen begrenzten Aussagewert hinsichtlich der tatsächlich abgesetzten Mengen.

Vor allem wegen der medizinischen Anwendungsgebiete der absatzstärksten Medikamente und der erwarteten Zuwächse halten Zeschmar-Lahl und Friege die Situation aber für besorgniserregend, zumal sich unter den nachgewiesenen Rückständen auch 40 Antibiotika-Wirkstoffe befanden.

Rezeptpflichtige Medikamente mit dem höchsten Absatz


Medikament Anwendungsgebiet Packungseinheiten (PE) in Mio.
Renin-Angiotensin-System-Arzneimittel Bluthochdruck, Herzschwäche 66
Analgetika Schmerzmittel 63
Betablocker Bluthochdruck, Herzerkrankungen 41
Antirheumatika Rheuma 36
Antibakterielle Arzneimittel   36
Antidiabetika Diabetes 33
Nach den Angaben des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH)


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Der Weg von Altmedikamenten in die Umwelt

Anschließend widmen sich die Verfasser den sogenannten Eintrittspfaden. Hierbei stellen sie fest, dass die meisten Rückstände über das Abwasser in die Umwelt gelangen.

Als wichtigsten Eintragspfad für Pharmaka-Rückstände machen sie die Abwässer aus Haushalten, Krankenhäusern und Arztpraxen mit ambulanten Operationen und Anwendungen von Röntgenkontrastmitteln aus. Abwässer aus der Produktion würden in Deutschland – im Gegensatz etwa zu Anlagen in einigen Schwellenländern – allerdings keine wesentliche Rolle spielen. Hier nehmen die Wirkstoffe dann folgende Wege:
  • Menschliche Ausscheidung: Zunächst spiele die menschliche Ausscheidung selbst eine gewisse Rolle, denn auch Kläranlagen könnten Arzneimittelwirkstoffe und deren Metaboliten nur zum Teil weiter abbauen.
  • Unsachgemäße Entsorgung: Einen wesentlich größeren Anteil hat den Autoren zufolge die unsachgemäße Entsorgung von Altmedikamenten durch die Verbraucher. So soll eine repräsentative Untersuchung im Rahmen des Forschungsprojekts START für das Jahr 2006 ergeben haben, dass von 1.306 Umfrageteilnehmern 43 Prozent Reste ihrer flüssigen und etwa 16 Prozent ihrer festen Medikamente gelegentlich oder häufiger über das häusliche Abwasser entsorgen.
Nach Schätzungen des Instituts für sozial-ökologische Forschung (ISOE) werden auf diese Weise jährlich einige hundert Tonnen Altmedikamente unsachgemäß über Spüle oder Toilette entsorgt.

Apotheken nicht zur Rücknahme verpflichtet

In diesem Zusammenhang stellen Zeschmar-Lahl und Friege noch fest, dass gerade Apotheken nicht zur Rücknahme sondern lediglich zu Beratung verpflichtet sind.

Lösungsansätze

Eine effiziente Strategie zur Verminderung von Arzneimittelrückständen in Gewässern vermissen Zeschmar-Lahl und Friege hingegen bisher. Dies beginne schon mit den Empfehlungen zur Entsorgung. Die bisherige Situation gleiche eher einem Flickenteppich. Insoweit verweisen die Autoren auf zahlreiche unterschiedliche Empfehlungen und Entsorgungsmöglichkeiten verschiedener Akteure, wie zum Beispiel von Gemeinden oder Apotheken.

Lesen Sie in dem vollständigen Beitrag der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Müll und Abfall
  • warum die bisherigen Entsorgungsmöglichkeiten unzureichend sind,
  • wo die Gefahren einer Entsorgung über die Restmülltonne liegen, die die Bundesregierung allerdings für ausreichend hält,
  • warum eine einheitliche Empfehlung für Verbraucher notwendig ist,
  • warum die Verbraucher sensibilisiert werden müssen ist und wie dies geschehen soll,
  • warum Maßnahmen entlang des gesamten Lebenswegs von Arzneimitteln zu einer effizienten Strategie zur Verminderung von Arzneimittel-Rückständen gehören,
  • und welche Schlussfolgerungen die Autoren aus dem Stakeholder-Dialog aus der „Spurenstoff-Strategie des Bundes“ in Berlin im Juni 2017 ziehen.
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(ESV/bp)

Programmbereich: Umweltrecht und Umweltschutz