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LG Frankfurt: Ladenschließungen wegen Corona sind keine unmittelbare Folge der Beschaffenheit des Mietobjekts (Foto: Marc Bode / stock.adobe.com)
Mietrecht und Corona

LG Frankfurt am Main: Keine Kürzung der gewerblichen Miete wegen Ladenschließung aufgrund von Corona

ESV-Redaktion Recht
18.11.2020
Können coronabedingte Schließungen von Einzelhandelsgeschäften eine Mietminderung rechtfertigen? Oder kann der Mieter vom Vermieter Vertragsanpassungen wegen Störung der Geschäftsgrundlage verlangen? Hierüber hat das LG Frankfurt am Main in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden.
Die beklagte Mieterin verkauft Kleidung und Textilien. Hierzu unterhält sie in Deutschland zahlreiche Läden. Vom 18.3.2020 bis zum 20.4.2020 musste sie aufgrund der Corona-Pandemie eine Filiale in Frankfurt schließen. Grund hierfür war eine Anordnung des Landes Hessen. Hierdurch ging der Umsatz der Beklagten im März 2020 um 54 % und im April 2020 um 41 % unternehmensweit zurück. Dies führte zu einer erheblichen Liquiditätslücke, so dass die Miete für die Filiale in Frankfurt für April 2020 zunächst nicht begleichen konnte.

Die Vermieterin klagte daher vor dem LG Frankfurt am Main auf Zahlung der April-Miete in Höhe von etwa 6.000 Euro.

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LG Frankfurt am Main: Verwendungsrisiko des Ladens tragt die Mieterin

Die 15. Zivilkammer des LG gab der Klage statt. Nach Auffassung der Frankfurter Richter können öffentlich-rechtliche Einschränkungen oder Verbote bei der Vermietung von Gewerberäumen zwar grundsätzlich einen Mietmangel begründen. Jedoch muss der Kammer zufolge die Ursache der staatlichen Nutzungsuntersagung in dem Mietobjekt selbst oder seiner Beziehung zur Umwelt liegen. Bei Betriebsschließungen aufgrund von Corona ist dies jedoch nicht der Fall. Die weiteren Erwägungen der Kammer:

  • Keine Ursache in Beschaffenheit des Mietobjekts: Die hoheitlichen Maßnahmen sollen die Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren schützen. Damit sind sie keine unmittelbare Folge der Beschaffenheit der Mietsache. Vielmehr knüpfen diese an die Nutzungsart des Gebäudes an, weil dort Publikumsverkehr stattfindet, der Infektionen begünstigen kann.
  • Anspruch der Klägerin nicht nach § 326 BGB entfallen: Durch die Schließung ist der Klägerin die Gebrauchsgewährung nach 275 Absatz 1 BGB nicht unmöglich geworden. Die Kläger haben der Beklagten die Mietsache nämlich entsprechend Ihrer Hauptleistungspflicht in einem gebrauchstauglichem Zustand zur Verfügung gestellt. Wenn die Beklagte die Mietsache aufgrund der Schließung wegen der Pandemie – also aufgrund äußerer Ereignisse – nicht nutzen konnte, hatte sich damit lediglich das Verwendungsrisiko der Mietsache verwirklicht. Dieses muss die Beklagte der Kammer zufolge alleine tragen.
  • Vertragsanpassung nur im extremen Ausnahmefall: Auch kann die Mieterin weder eine Vertragsanpassung noch eine Reduzierung der Miete wegen einer „Störung der Geschäftsgrundlage“ im Sinne von § 313 Absatz 1 BGB verlangen. Zwar wären bei unvorhersehbaren Ereignissen Anpassungen der vereinbarten Mietzahlungen denkbar. Dies muss aber unerlässlich sein, um untragbare Ergebnisse zu vermeiden, die mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbaren sind, so die Kammer weiter.
  • Liquiditätsengpass reicht nicht aus: Einen derart extremen Ausnahmefall hatte die beklagte Mieterin nach den weiteren Ausführungen in dem Frankfurter Richterspruch nicht dargelegt. Jedenfalls reichen die von ihr vorgetragenen Liquiditätsengpässe hierfür nicht aus. Vielmehr war die Beklagte durch eine kurzfristige Gesetzesänderung sogar vor einer Kündigung wegen Zahlungsschwierigkeiten aufgrund von Corona geschützt. Darüber hinaus hatte die Beklagte in allen Filialen Kurzarbeit eingeführt und konnte deshalb erhebliche Einsparungen verzeichnen, so die 15. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main abschließend.
Quelle: PM des LG Frankfurt a.M. vom 16.11.2020 zum Urteil vom 02.10.2020 – 2-15 O 23/20

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(ESV/bp)

Programmbereich: Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht