Rechtliche Aspekte bei der Beschränkung des Bewegungsradius
Im Wortlaut: Ziffer 5 des Beschlusses der Videoschaltkonferenz vom 5.1.2020 |
In Landkreisen mit einer 7-Tages-Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern werden die Länder weitere lokale Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz ergreifen, insbesondere zur Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort, sofern kein triftiger Grund vorliegt. Tagestouristische Ausflüge stellen explizit keinen triftigen Grund dar. |
Eingeschränkter Umkreis bereits in Sachsen
Wohnadresse oder Wohnort im Sinne von „Stadt“
Vor diesem Hintergrund stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der obigen Pressekonferenz klar, dass es insoweit auf die Stadt bzw. den Ort und nicht auf die konkrete Wohnadresse ankommen werde.Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes?
Der Bewegungsradius
- Definition über die Luftlinie: Anhand der Begriffe „Umkreis“ und „Bewegungsradius“ wird hier wohl auf Luftlinienkilometer abzustellen sein, die über den Kreisradius gemessen werden und nicht auf Straßenkilometer. Dies betonte auch die Kanzlerin. Mit Computerprogrammen oder Apps lässt sich dieser zumindest auf den ersten Blick leicht ermitteln. Navigationssysteme für Fahrzeuge wären hier aber weniger hilfreich. Zweifelhaft ist auch, ob vor allem ältere Menschen über solche Hilfsmittel verfügen. Wer solche nicht hat, muss wohl Landkarte und Zirkel zur Hand nehmen.
- Warum 15 Kilometer? Warum ausgerechnet ein Radius von 15 Kilometern festgelegt werden soll, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller: Demnach hat man sich unter anderem an den Erfahrungen aus Sachsen orientiert. Man gehe davon aus, dass innerhalb dieses Radius alles erledigt werden kann, was für den täglichen Bedarf notwendig ist, wie etwa Arztbesuche oder Einkäufe. Zudem könne man sich dabei noch im privaten Umfeld bewegen, so Müller weiter. In Frankreich galt insoweit aber vorübergehend ein eingeschränkter Bewegungsradius von einem Kilometer, der später auf 20 Kilometer erweitert wurde. In Irland galt zeitweise ein Radius von 5 Kilometern.
- Kurzfristiges Überschreiten des 15 Kilometer-Radius: Und was soll gelten, wenn sich etwa ein Lebensmittelgeschäft als Zielort zwar innerhalb des Umkreises von 15 Kilometern vom Wohnort befindet, sich aber auf der kürzesten Route dorthin Wegpunkte befinden, die außerhalb des Umkreises liegen? Diese Frage kann sich für Personen stellen, die auf dem Land wohnen. Hier könnten ggf. entsprechende Ausnahmeregelungen Klarheit schaffen.
- Bewegungen innerhalb oder in der Nähe größerer Flächenstädte: In größeren Städten oder in deren Nähe kommt es darauf an, ob sich die Normadressaten innerhalb der Stadt bewegen oder diese verlassen. Laut Beschluss der Bund-Länder-Konferenz wäre ein Bezugspunkt für die Messung der Wohnort. Wer also beispielsweise in Berlin wohnt, verlässt den Bewegungsradius von 15 Kilometern auch dann nicht, wenn er in Spandau wohnt und nach Marzahn fährt – egal warum. Obwohl beide Positionen weit mehr als 15 Kilometer auseinander liegen, bliebe er nämlich innerhalb seines Wohnorts. Verlässt er aber die Stadt, muss er als Bezugspunkt den genauen Verlauf der Stadtgrenzen kennen, die trotz technischer Hilfsmittel nicht immer leicht zu finden sind.
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Kontrollierbarkeit
Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes?
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Reaktionen
Demgegenüber hält der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder die geplante Beschränkung des Bewegungsradius für praktikabel. Gegenüber der Online-Ausgabe von BR24 kündigte er an, dass das Innenministerium nun die Umsetzung von Kontrollen in Ausflugsregionen klären wird. Darüber hinaus wisse die Polizei genau, wie sie das macht, zum Beispiel anhand von Auto-Kennzeichen, so der Ministerpräsident weiter. Ob dies wirklich so einfach ist, wird sich erst noch herausstellen und wird auch von der Kontrollintensität abhängen. Nach Auffassung von Rainer Wendt, dem Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, sind die Maßnahmen nur stichpunktartig kontrollierbar. Dies betonte er gegenüber dpa und fügte hinzu: „Die Polizei kann nur schwerpunktmäßig und nicht flächendeckend kontrollieren“.
Die Bund-Länder-Runde wird am 25. Januar 2021 wieder zusammentreffen und über Maßnahmen ab dem 1. Februar 2021 beschließen.
Quellen u.a.:
Rechtsprechung hierzu
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Die 15-Kilometer-Regel, die den Bewegungsradius der Bürger in Corona-Hotspots einschränkt, beschäftigt die Gerichte weiter. Für Brandenburg wurde die entsprechende Regelung gerichtlich bestätigt, während sich die Verwaltungsgerichte in Hessen bisher nicht einig sind. Nun hat das oberste Verwaltungsgericht in Bayern die dortige Vorschrift gekippt. mehr … |
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Die neue 15-Kilometer-Regel, die mittlerweile in zahlreichen Bundesländern gilt, hat unter anderem eine öffentliche Debatte darüber entfacht, ob Verstöße über den Abgriff von Handydaten nachzuweisen wären. Die ESV-Redaktion nimmt dies zum Anlass, den Meinungsstand und die aktuelle Situation der Umsetzung in den einzelnen Ländern zu skizzieren. mehr … |
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(ESV/bp)
Programmbereich: Staats- und Verfassungsrecht